Frauen - willige Opfer der Medizin?
Früherkennung, Hormone, Geburtsmedizin auf dem Prüfstand kritischer Wissenschaft
- Wege zu einer zeitgemässen Praxis


Autor: Dr. Johannes G. Schmidt
Keywords: Frauenheilkunde, evidence based medizine, klinische Forschung, Medizinkritik, Patienteninformation, Evaluation
Abstract:
Copyright: Texte: Stiftung PARACELSUS HEUTE
HTML-Gestaltung:  Bernhard Harrer Wissenstransfer

Autoren
Begrüßungen
Die alternde Frau
Die schwarze Madonna/Theater
Die schwangere Frau
Die krebsgefährdete Frau
Moderne Medizin

Begrüssungsansprache

Josy Gyr,
Bezirksrätin
Bezirksrat Einsiedeln/Schweiz
 

Einführung von J.G. Schmidt:
Ich möchte jetzt unsere Bezirksrätin, Frau Josy Gyr bitten, ihre Begrüssungsansprache zu halten. Josy Gyr war die erste Frau hier in diesem Dorf, die in den Bezirksrat gewählt wurde. Mit Josy Gyr verbinden mich aber auch andere Geschichten. Sie war vor drei Jahren die Gnade im Grossen Welttheater, in dem ich den Meister gespielt habe. Und früher war sie die Darstellerin der Welt. Es ist vielleicht sehr bezeichnend für das Thema unseres Symposiums, dass diese Anknüpfung besteht. Und ich bin sehr froh, dass wir Josy Gyr als Rednerin gewinnen konnten, um dieses Symposium zu begrüssen. Das Grosse Welttheater ist ja auch am letzten Symposium zur Sprache gekommen. Im Buch, das aufgrund des ersten Symposiums entstanden ist, findet sich überdies auch ein Aufsatz von Dieter Bitterli, der Regie führte.
 

Sehr geehrte Damen und Herren.
Es freut mich, dass Sie mich eingeladen haben, die Grussworte des Bezirkes Einsiedeln zu übermitteln.

Ich möchte Ihnen kurz Ihren Tagungsort Einsiedeln vorstellen. Während meiner Schulzeit ging man immer davon aus, dass der heilige Meinrad, er stammte aus dem Süddeutschen Raum, aus adligem Geschlecht, so um 838 der erste Bewohner unseres Hochtales war. Nun aber haben verschiedene Funde im Sihlseegebiet gezeigt, dass unser Gebiet bereits acht- bis zwölftausend Jahre vor Christus mindestens zeitweise besiedelt war. Im Winter 861 wurde Meinrad von zwei finsteren Gesellen erschlagen. Der Legende nach hatte Meinrad zwei zahme Raben, welche die Mörder bis nach Zürich verfolgten. Aus diesem Grund flattern in den Wappen des Klosters auf goldenem Grund, und des Dorfes auf rotem Grund, heute noch die beiden Raben.

Die Geschichte des Dorfes Einsiedeln ist eng mit jener des Klosters verbunden. Am 14. September 948 konnte die erste Klosterkirche geweiht werden. Der Legende nach wurde die Gnadenkapelle von Christus selber, umgeben von Engeln und Heiligen, geweiht. Seither ist die Gnadenkapelle mit unserer Mutter Gottes eine Stätte des Gebetes, der Gnade und des Trostes. Nachdem das Kloster im Mittelalter einige Male einer Feuersbrunst zum Opfer fiel, wurde anfangs des 18. Jahrhunderts die heutige barocke Klosterkirche nach den Plänen von Kaspar Moosbrugger aus dem Vorarlbergischen gebaut. Bis zur französischen Revolution waren die Bewohner Einsiedelns alle Untertanen des Klosters. Erst danach wurden sie politisch selbständig.

Das Hochtal Einsiedeln umfasst ca. 11'000 Hektaren. Davon ist etwa ein Drittel Wald. Einsiedeln gehört zum Kanton Schwyz und ist gleichzeitig Bezirk und Gemeinde. Wir haben ca. 11'000 Einwohner, welche entweder im Dorf oder in den sechs Vierteln, Bennau, Egg, Willerzell, Euthal, Gross und Trachslau wohnen. Warum die sechs Dörfer Viertel heissen, weiss ich auch nicht. Es hat aber sicher mit unserer Eigenart zu tun. Paracelsus übrigens kommt aus dem Viertel Egg. Jeder Viertel hat wie das Dorf eine eigene Schule für die Primarschulstufe und eine eigene Kirche. Im Dorf Einsiedeln wird die gesamte Oberstufe des Bezirkes geführt, und im Kloster befindet sich ein Humanistisches Gymnasium. Hier können Schülerinnen und Schüler mit der Matura abschliessen.

Das Dorf und seine Bewohner leben vom Tourismus und vom Gewerbe. Sie finden Arbeit in Handel, Industrie und Landwirtschaft. Viele schätzen auch die schöne, oft nebelfreie Wohnlage und pendeln zur Arbeit in die Agglomeration Zürich. Erholung finden die Einsiedler und ihre Gäste am schönen, 1937 gestauten Sihlsee. Sicher war es für die 107 Familien, die ihre angestammte Heimat verloren haben, nicht leicht, an einem neuen Ort frisch anzufangen. Heute aber sieht niemand mehr, dass der See künstlich angelegt wurde. Er dient Schwimmern, Seglern, Fischern und Surfern, ihren Sport auszuüben. Und im Winter dient er oft zum Eislaufen. Das Hochtal bietet dem Besucher viele schöne Wanderungen. Und auch im kulturellen Bereich, wie bereits angetönt, finden sich viele interessante Angebote.

Liebe Symposium Teilnehmerinnen und Teilnehmer, den Organisator dieser Tagung, Herrn Dr. Johannes Schmidt darf man sicher, zumindest aus Einsiedler Sicht, ein wenig mit Paracelsus vergleichen. Auch er versucht, neue Wege zu gehen. Versucht aufzurütteln, etwas zu bewegen. Auch er hat bereits zu spüren bekommen, dass man oft nicht verstanden wird, wenn man versucht, Neues unter die Leute zu bringen. Ich glaube, dass es immer wieder Leute braucht wie er, wie Sie, und sicher wie viele, die heute nicht in diesem Saal anwesend sind. Die neue Wege gehen wollen, damit die Medizin auch für Laien verständlich ist. Nicht Geistheiler oder Scharlatane brauchen wir, sondern Ärztinnen und Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten, Psychiaterinnen und Psychiater und medizinisches Personal usw., die ihre Verantwortung wahrnehmen.

Frauen - Willige Opfer der Medizin? Wo ein Opfer ist, ist auch ein Täter oder eine Täterin. Der Täter, ein Mann, der seine Macht ausübt und ausnützt. Die Täterin, eine Frau, die an ihrer Situation nichts ändern will oder kann. Die Opferrolle der Frau gehört nicht nur im Bereich Medizin immer noch zum Alltag. Verhelfen wir doch den Frauen in allen Ländern der Erde zu mehr Selbstbewusstsein, damit nicht alles und jedes gott- und manngewollt angenommen wird.Sehr geschätzte Damen und Herren, ich überbringe Ihnen die besten Grüsse und Wünsche des Bezirksrates. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in Einsiedeln und viele gute Impulse für Ihre Arbeit. Ich hoffe, Sie werden mithelfen, dass überall auf der Welt in absehbarer Zeit in allen Bereichen des Lebens Frauen und Männer als gleichwertige Partnerinnen und Partner zusammenleben. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

J.G. Schmidt:
Ich hatte ja als Meister im Welttheater immer die Gelegenheit, Josy Gyr zuzuhören, wenn sie wieder das gesagt hat, was die Gnade sagen sollte. Und das war immer wieder:  Und ich denke, dass wenn wir über Frauen und die Medizin sprechen, gerade diese Einsicht, dass man sich selber so nimmt, auch als Frau, wie man ist, ein wichtiger Weg ist, um sich vor Illusionen zu bewahren. Und in der Medizin sind Illusionen vorhanden, und unser Symposium will dazu beitragen, dass wir gewisse Illusionen wieder überwinden können. Die Einführung zum ersten Einladungsprogramm hat festgehalten, dass es erstaunlich ist, dass viele unnützen Massnahmen in der Medizin heute an Frauen praktiziert werden. Und das war eigentlich der Anlass für mich, dieses Thema zu wählen. Und ich möchte mir gar nicht anmassen, genau zu verstehen, weshalb das der Fall ist. Ich bin sehr gespannt, was wir in dieser Hinsicht von diesem Symposium lernen können.

Begrüssung

Johannes G. Schmidt
Stiftung PARACELUS HEUTE, Einsiedeln/Schweiz

In der medizinischen Wissenschaft findet eine Revolution statt - und ich sage das jetzt nicht pathetisch, sondern möchte da ganz nüchtern bleiben -, die eigentlich ganz banal ist. Evidence Based Medicine, also evidenzbegründete Medizin ist ein neues Konzept, das wir hier vertreten. Und das heisst eigentlich nichts anderes, als dass Evidenz heute mit der modernen Forschungsmethodik eben so betrachtet wird, dass wir feststellen müssen, ob es dem Patienten nützt. Evidenz im herkömmlichen Sinne, und so wie die Medizin in der Praxis auch häufig noch funktioniert, war meist, ob sich am EKG, im Labor, am Röntgenbild irgend etwas feststellen lässt. Und Evidence Based Medicine oder der Begriff der Evidenz hat sich in den letzten Jahren derart gewandelt, weil man immer mehr feststellen konnte, dass die Behandlung eines EKGs, sei es von einer Frau oder einem Mann, die Behandlung eines Röntgenbildes oder die Behandlung eines Laborwertes häufig gar nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt hat. Sondern wir haben heute zahlreiche Beispiele, wo eine solche Behandlung dem Patienten nachweislich schadet. Das wissen wir aber erst seit etwa 10 oder vielleicht 15 Jahren zunehmend.

Und ich möchte hier auch darauf hinweisen, dass die Nutzensbeurteilung in der Medizin in diese Richtung gehen wird. Dass man eben nicht Surrogate, sondern die für den Patienten wichtigen Endpunkte, d.h. wie es ihm geht, ins Zentrum der Forschung stellt. Ich habe da einige private Hypothesen, wieso das so passiert ist. Das ist heute sicher auch möglich, weil uns die moderne Informatik eben die Möglichkeiten in die Hand gegeben hat, intelligentere Fragen zu stellen, als das in der Medizin noch bis vor kurzem möglich war.

Dieses Symposium hat bereits seinen Schatten vorausgeworfen, mindestens in der Schweiz. Wir haben mit Freude festgestellt, dass die neuen Verordnungen zur Präventivmedizin, die erstmals in diesem Land jetzt mit einem neuen Krankenversicherungsgesetz erlassen worden sind, eine Liste von präventiven Leistungen umfassen, die im internationalen Vergleich - man könnte sagen sensationell - zurückhaltend sind. Die entsprechenden Amtsstellen haben von Referenten, die jetzt ebenfalls an diesem Symposium teilnehmen, durch unsere Vermittlung eine Reihe von Dokumentationen erhalten, die eben mit diesem neuen Ansatz einer Evidence Based Medicine zu ganz anderen Schlussfolgerungen kommen, was der Wert der präventiven Medizin gerade bei Frauen ist. Das hat dazu geführt, dass sich diese neuen Einsichten einmal auch an dieser Stelle durchgesetzt haben und dass eigentlich dieses Bundesamt heute viel weiter gegangen ist, als es vielen Ärzten lieb ist. Ich weiss inzwischen, dass die Gynäkologen in diesem Land wütend sind und dass auch die Pädiater wütend sind. Und ich möchte von dieser Stelle aus sagen: Sie sollen herkommen zu uns oder sie sollen das lesen, was von uns kommt, weil ich überzeugt bin, dass wir einen Weg aufzeigen können, wie wir eine nützlichere Medizin bewerkstelligen können. Und ich hoffe auch, dass wir hier unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Leute dabei haben, die die Diskussion entsprechend interessant gestalten wollen.

Das war eine kurze, programmatische Einführung, bevor ich jetzt zu meinem eigentlichen Referat übergehe, in dem ich nochmals auf die Frage des Cholesterins eingehen will. Wir sind ja ein wissenschaftliches Symposium, und es gibt heute eine gute Methodologie, wie wir eben medizinische Interventionen analysieren können. Und ich glaube es lohnt sich, dass ich hinsichtlich dieser Frage hier nochmals ein bisschen Propädeutik betreibe. Es soll uns helfen, in den weiteren Diskussionen eine Verständigungsbasis zu finden. Das Einsiedler Symposium ist nicht ein ideologisches Symposium, das möchte ich hier betonen. Sondern wir wollen die modernen Entwicklungen in der Wissenschaft umsetzen.
 
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