Die Bewertung therapeutischer Maßnahmen bei atopischer Dermatitis und Psoriasis
 aus der Perspektive der Patienten unter Berücksichtigung komplementärmedizinischer Verfahren
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Autor: Bitzer EM, Grobe TG, Dörning H 
Keywords: Atopische Dermatitis, Psoriasis, Komplementärmedizin, Therapieverfahren, Studie, Neurodermitis
Abstract: Therapeutische Maßnahmen bei atopischer Dermatitis bei Kindern bzw. Erwachsenen und bei Psoriasis wurden in einer Studie mit Fragebögen untersucht. Patienten wurden retrospektiv zu den in Anspruch genommenen Therapieverfahren befragt sowie zu dem subjektiv wahrgenommenen kurzfristigen und langfristigen Nutzen der Behandlungen. Es wurden eine Reihe schulmedizinischer, naturheilkundlicher und komplementärmedizinischer Therapiemethoden ausgewertet und miteinander verglichen. Die Untersuchung wurde im Auftrag der GEK vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsforschung (ISEG) durchgeführt.
Copyright: Copyright der Texte: Gmünder ErsatzKasse GEK 
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Info Jockey's 
Comment:
Die vorliegende Studie befragt sehr detailiert zu den einzelnen Verfahren und vergleicht danach eine "schulmedizinische" und eine "komplementärmedizinische" Gruppe von Therapieverfahren. Dieser Gruppenvergleich läßt komplementäre Verfahren in der Bewertung etwas schlechter abschneiden als klassische Verfahren. Dieses Ergebnis ist auf den ersten Blick für naturheilkundlich Interessierte erstaunlich, wie kommt es zustande? In der Gruppierung wurden die besonders wirksamen klassischen Naturheilverfahren Klimatherapie und Ernahrungstherapie sowie die Psychotherapie zu der Gruppe Schulmedizin gezählt, da sie allgemein anerkannt und erstattungsfähig sind. Es lohnt sich also die Auswertung dieser interessanten Untersuchung genau durchzulesen! 
Besonders für Therapeuten und Patienten interessant ist die Frage, welche Erfolge eine integrative, ganzheitliche Behandlung hätte, die Klimatherapie, Ernährungstherapie, Psychosomatik und andere in synergistischer Weise mit einander verbindet. In diese Richtung sollte weiter geforscht werden! [IJBH
Vorwort
Inhalt
A:   Einführung (1-7)
B:   Atopische Dermatitis bei Erwachsenen (1)
B:   Atopische Dermatitis bei Kindern (2)
C:   Psoriasis (1-3)
D:   Literatur
E:   Anhang (1. Teil)
       Anhang (2. Teil)

 B: Atopische Dermatitis
 
1. Atopische Dermatitis bei Erwachsenen    
1.1 Material und Methode    
1.1.1 Durchführung der Befragung   
1.1.2 Untersuchungspopulation    
1.2 Erkrankungsbezogene Patientencharakteristika  
1.3 Therapiespektrum bzw. Vielfalt der angewendeten   Therapien   
1.3.1 Anzahl angewendeter unterschiedlicher Behandlungsverfahren   
1.3.2 Therapiespektrum   
1.3.3 Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren
1.3.4 Determinanten der Inanspruchnahme einzelner Therapiemaßnahmen   
1.4 Bewertung der Therapien  
1.4.1 Kurzfristige Wirkung  
1.4.2 Längerfristige Wirkung  
1.4.3 Nebenwirkungen und Beeinträchtigung durch Therapieverfahren   
1.4.4 Erfolg der Therapieverfahren   
1.4.5 Beziehungen zwischen patientenseitigen Dimensionen   
der Therapiebewertung   
1.5 Diskussion 
 
1. Atopische Dermatitis bei Erwachsenen

Die atopische Dermatitis ist eine multifaktoriell verursachte Krankheit, die sich zumeist schon im Kindesalter manifestiert (Jung, 1990): vor Ende des 5. Lebensjahres treten bei 80 - 90% der Patienten erste Symptome auf (Hanifin, 1984). Zusammen mit der Rhinitis allergica und dem allergischen Asthma bronchiale bildet sie den Formenkreis der Atopien. Patienten mit einer atopischen Dermatitis weisen eine Reihe von immunologischen Besonderheiten auf (z.B. verminderte T-Zellaktivität, gesteigerte Ig-E Produktion; positive Hauttests auf verschiedene Allergene), die aber hinsichtlich ihrer ätiologischen, diagnostischen, prognostischen und therapeutischen Bedeutung umstritten sind.

Leitsymptome der atopischen Dermatitis sind der starke, oft unerträgliche Juckreiz (Bernstein, 1990) und die trockene Haut. Der Verlauf dieser häufigen Hauterkrankung ist schwer vorhersehbar. Die Erkrankung kann z.B. ein einmaliges Ereignis mit kurzer generalisierter Ausbreitung in der Kindheit bleiben oder aber als chronisches Ekzem der großen Gelenkbeugen über Jahre stabil persistieren, allerdings sind auch schwere, therapeutisch kaum beherrschbare erythrodermatische Exacerbationen möglich (Fritsch, 1988). Als Einflußfaktoren auf Manifestation und Verlauf der atopischen Dermatitis werden emotionale und psychosoziale Komponenten (Hanifin, 1991) sowie eine Reihe weiterer ätiologischer Faktoren diskutiert.

Hinsichtlich der Prognose zeigen Langzeituntersuchungen, daß ca. 75% der Betroffenen nach Abschluß der Pubertät keine oder nur noch geringe Hauterscheinungen aufweisen, wobei die Bereitschaft auf Hautbelastungen ekzematös zu reagieren, lebenslang erhalten bleibt (Jung, 1990).

Vor diesem Hintergrund wurden zur atopischen Dermatitis zwei Zielgruppen (vgl. Teil A) befragt, wobei zunächst die Darstellung der Ergebnisse aus der Erwachsenenstichprobe erfolgt.

1.1 Material und Methode

1.1.1 Durchführung der Befragung

Anhand einer repräsentativen 15%-Stichprobe dermatologischer Behandlungsscheine des 4. Quartals 1995 wurden Patienten mit atopischer Dermatitis identifiziert. Dabei wurden die als ICD-Codes oder als Klartextangaben auf den Behandlungsscheinen vorliegenden Diagnosen als Indikator für das Vorliegen der Zielkrankheit verwendet. Das Vorliegen der Zielkrankheit wurde angenommen, wenn mindestens eine der folgenden Angaben vorhanden war: "ICD 691", "atopische Dermatitis", "Neurodermitis", "Eczema flexuarum".

Unter den insgesamt 16.840 Behandlungsscheinen entfielen 7,8% (n = 1.323) auf Patienten mit atopischer Dermatitis, die älter als 15 Jahre sind. Um differenzierte Subgruppenanalysen unter Einbeziehung zentraler Kontrollvariablen zu gewährleisten, wurden 260 - 340 auswertbare Fragebögen für die Zielgruppe angestrebt. Bei einem erwarteten Rücklauf von ca. 45% (Erfahrungen aus dem Pretest) wurden in der Haupterhebung 608 Personen aus den Geburtsjahrgängen 1937 bis 1981 (16 - 59 Jahre) im Oktober 1996 schriftlich befragt. Zwei Wochen nach der ersten Aussendung der Fragebögen erfolgte eine schriftliche Erinnerung.

Um das Vorliegen einer atopischen Dermatitis bei den antwortenden Patienten zu validieren, wurde ein auf der Basis des Kriterienkataloges von Hanifin und Rajka (1980) entwickeltes und geprüftes Erhebungsinstrument in den Fragebogen integriert, das eine sichere Diagnose der atopischen Dermatitis allein mit Hilfe patientenseitiger Angaben ermöglicht (Buser, 1993).

1.1.2 Untersuchungspopulation

Der Rücklauf betrug n = 294 (48,4%). Um die Auswertungen auf Personen zu beschränken, die an atopischer Dermatitis leiden, wurden zunächst die patientenseitigen Angaben zu den diagnostischen Kriterien nach Hanifin (vgl. Tabelle 2) analysiert. Eine atopische Dermatitis liegt vor, wenn drei Hauptkriterien und ein Nebenkriterium erfüllt sind.

Tabelle 2: Verteilung der Haupt- und Nebenkriterien in der Untersuchungspopulation
(n = 294)
 
Personen 
Hauptkriterien
(n)
(%)
Juckreiz 228  77,6
Chronischer oder chronisch rezidivierender Verlauf  221 75,2
Positive atopische Eigen- oder Familienanamnese  211 71,8
Typische Hautareale (mindestens zwei der Lokalisationen Hals, Gesicht, Nacken, Ellenbeuge, Handgelenk, Handrücken, Kniekehle, Fußgelenk)  188 63,9
Nebenkriterien    
Trockene Haut 206  70,1
Rhagaden 65  72,5
Juckreiz durch Schwitzen  129 43,9
Nahrungsmittelunverträglichkeit  59 33,0
Vorliegen einer atopischen Dermatitis  
(mindestens 3 Hauptkriterien und 1 Nebenkriterium liegen vor) 
191 65,0% 
Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Häufigkeit, mit der die Haupt- und Nebenkriterien von den Befragten angeben wurden und bei wie vielen Patienten die zur Diagnose einer atopischen Dermatitis notwendigen Kriterienkombinationen anzutreffen sind.

Danach liegt bei nur knapp zwei Dritteln (65,0%) der befragten Personen eine atopische Dermatitis vor. Im Zentrum des Interesses der vorliegenden Untersuchung steht die Bewertung verschiedener Therapiemaßnahmen bei atopischer Dermatitis, so daß die Auswertungen auf diese Gruppe beschränkt wurden (n = 191).

Die so gebildete Untersuchungspopulation besteht zu etwa zur Hälfte aus Frauen (51,6%). Das durchschnittliche Alter beträgt 30,9 Jahre (vgl. Tabelle 3).

Tabelle 3: Patientencharakteristika (n = 191)
 
Männer* 
(n = 91)
Frauen*
(n = 97)
Gesamt*
(n = 191)
Charakteristikum 
(n) 
(%) 
(n) 
(%) 
(n) 
(%) 
Ausbildungsabschluß 

(noch) keinen Abschluß 
Lehre 
Fachschule 
(Fach-)Hochschule 


59 
18 
7
7,7 
64,8 
19,8 
7,7 
12 
53 
14 
17
12,5 
55,2 
14,6 
17,7 
19 
114 
32 
24
10,1 
60,3 
16,9 
12,7 
Alter (Jahre)  31,5 (16-59) 30,2  (16-59) 30,9 (16-59) 
Dauer der Hauterkrankung absolut  
(Jahre) 
14,2 (0-47) 12,3 (0-45) 13,1  (0-47)
Dauer der Hauterkrankung relativ (%)  47,0 (0-100) 40,4  (2,5-100) 43,8 (0-100) 
Anzahl betroffener typischer Hautareale  4,0 (0-8) 3,6  (0-8) 3,8 (0-8) 
Bislang in Anspruch genommene  
Behandlungseinrichtungen 

Hausarzt 
Dermatologe 
Heilpraktiker 
Psychologe 
Krankenhaus (Hautklinik) 
Rehabilitationsklinik 

 Anzahl bislang in Anspruch genommener Behandlungseinrichtungen 

45 
91 
16 

21 
17 

2,1 

49,5 
100,0 
17,6 
6,6 
23,1 
18,7 

(1-5) 

62 
97 
19 

15 
11 

2,3 

63,9 
100,0 
19,6 
7,2 
15,5 
11,3 

(1-7) 

107 
191 
35 
14 
36 
28 

2,2 

56,0 
100,0 
18,3 
7,3 
18,8 
14,7 

(1-7) 

* bedingt durch fehlende Werte variiert der Umfang der Gesamtstichprobe
 

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