Die Bewertung therapeutischer Maßnahmen bei atopischer Dermatitis und Psoriasis
 aus der Perspektive der Patienten unter Berücksichtigung komplementärmedizinischer Verfahren
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Autor: Bitzer EM, Grobe TG, Dörning H 
Keywords: Atopische Dermatitis, Psoriasis, Komplementärmedizin, Therapieverfahren, Studie, Neurodermitis
Abstract: Therapeutische Maßnahmen bei atopischer Dermatitis bei Kindern bzw. Erwachsenen und bei Psoriasis wurden in einer Studie mit Fragebögen untersucht. Patienten wurden retrospektiv zu den in Anspruch genommenen Therapieverfahren befragt sowie zu dem subjektiv wahrgenommenen kurzfristigen und langfristigen Nutzen der Behandlungen. Es wurden eine Reihe schulmedizinischer, naturheilkundlicher und komplementärmedizinischer Therapiemethoden ausgewertet und miteinander verglichen. Die Untersuchung wurde im Auftrag der GEK vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsforschung (ISEG) durchgeführt.
Copyright: Copyright der Texte: Gmünder ErsatzKasse GEK 
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Info Jockey's 
Comment:
Die vorliegende Studie befragt sehr detailiert zu den einzelnen Verfahren und vergleicht danach eine "schulmedizinische" und eine "komplementärmedizinische" Gruppe von Therapieverfahren. Dieser Gruppenvergleich läßt komplementäre Verfahren in der Bewertung etwas schlechter abschneiden als klassische Verfahren. Dieses Ergebnis ist auf den ersten Blick für naturheilkundlich Interessierte erstaunlich, wie kommt es zustande? In der Gruppierung wurden die besonders wirksamen klassischen Naturheilverfahren Klimatherapie und Ernahrungstherapie sowie die Psychotherapie zu der Gruppe Schulmedizin gezählt, da sie allgemein anerkannt und erstattungsfähig sind. Es lohnt sich also die Auswertung dieser interessanten Untersuchung genau durchzulesen! 
Besonders für Therapeuten und Patienten interessant ist die Frage, welche Erfolge eine integrative, ganzheitliche Behandlung hätte, die Klimatherapie, Ernährungstherapie, Psychosomatik und andere in synergistischer Weise mit einander verbindet. In diese Richtung sollte weiter geforscht werden! [IJBH
Vorwort
Inhalt
A:   Einführung (1-7)
B:   Atopische Dermatitis bei Erwachsenen (1)
B:   Atopische Dermatitis bei Kindern (2)
C:   Psoriasis (1-3)
D:   Literatur
E:   Anhang (1. Teil)
       Anhang (2. Teil)
 
  B: Atopische Dermatitis (Fortsetzung)
 
1. Atopische Dermatitis bei Erwachsenen   
1.1 Material und Methode   
1.1.1 Durchführung der Befragung 
1.1.2 Untersuchungspopulation   
1.2 Erkrankungsbezogene Patientencharakteristika  
1.3 Therapiespektrum bzw. Vielfalt der angewendeten   Therapien   
1.3.1 Anzahl angewendeter unterschiedlicher Behandlungsverfahren   
1.3.2 Therapiespektrum   
1.3.3 Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren
1.3.4 Determinanten der Inanspruchnahme einzelner Therapiemaßnahmen    
1.4 Bewertung der Therapien  
1.4.1 Kurzfristige Wirkung  
1.4.2 Längerfristige Wirkung  
1.4.3 Nebenwirkungen und Beeinträchtigung durch Therapieverfahren   
1.4.4 Erfolg der Therapieverfahren  
1.4.5 Beziehungen zwischen patientenseitigen Dimensionen   
der Therapiebewertung   
1.5 Diskussion 

1.3.2 Therapiespektrum

Im folgenden sind die Häufigkeiten, mit denen einzelne Therapien und Verfahren von den Befragten angewendet worden sind, tabellarisch zusammengestellt. Die einzelnen Therapien und Behandlungsverfahren wurden dabei aus Übersichtlichkeitserwägungen bestimmten Gruppen (z.B. Präparate zur äußeren Anwendung) zugeordnet. Um einen Eindruck von der Kontinuität, mit der einzelne Behandlungsmaßnahmen verwendet werden, zu vermitteln, enthält die Tabelle Angaben zur Häufigkeit insgesamt sowie zum Anteil der Personen, die eine Therapie "nur vor 1996", "nur in 1996" oder "sowohl vor 1996 als in 1996" angewendet haben.

Neben der Häufigkeit insgesamt wird in den Spalten A bis C der Tabelle 7 der Anteil der Befragten, die eine Behandlung in einem bestimmten Zeitraum angewendet haben, bezogen auf alle Befragten ausgewiesen. Diese Angaben geben einen Hinweis auf die Prävalenz der verwendeten Therapien und Verfahren in der Untersuchungspopulation insgesamt, und in einer, wenn auch groben, zeitlichen Auflösung.

Darüber hinaus gibt Tabelle 7 Informationen zur Häufigkeit von Anwendungen einzelner Therapien im zeitlichen Verlauf, die sich ausschließlich auf die Personen beziehen, die bereits jemals mit der entsprechenden Therapie behandelt wurden (Spalten D bis F). Anhand dieser Angaben kann zumindest ansatzweise die Häufigkeit, mit der einzelne Therapien kontinuierlich oder zumindest wiederholt über einen längeren Zeitraum hinweg angewendet werden, abgeschätzt werden.

Präparate zur äußeren Anwendung
Zu den am häufigsten verwendeten Therapiemaßnahmen bei atopischer Dermatitis überhaupt gehören verständlicherweise Präparate zur äußeren Anwendung. Wirkstoffreien Pflegecremes und -salben sowie kortisonhaltigen Externa kommt die mit Abstand größte Bedeutung zu: jeweils mehr als 80% der Befragten haben Erfahrungen mit diesen Therapieformen gemacht.

Andere Therapien zur äußerlichen Anwendung, z.B. harnstoff- oder teerhaltige Salben, die wegen ihres potentiell geringeren Nebenwirkungspotentials zu den etablierten dermatologischen Behandlungsformen gehören, werden noch von 42,9% (Harnstoff) bzw. 39,8% (Teer) genannt.

Präparate mit Wirkstoffen aus der Natur bzw. mit Wirkstoffen gegen Pilze (Antimykotika) wurden von knapp einem Drittel der Befragten jemals angewendet.

Bezogen auf die Untersuchungspopulation insgesamt wird deutlich, daß nur zwei der Präparate zur externen Anwendung von ca. der Hälfte aller Befragten durchgängig angewendet werden (wirkstoffreie und kortisonhaltige Externa: 50,8% bzw. 43,5%).

Auch in bezug auf die Personen, die eine spezifische Therapie bereits angewendet haben, zeigt sich, daß die wirkstoffreien Präparate am häufigsten durchgängig verwendet werden (58,8%). Relativ häufig werden auch kortisonhaltige Cremes oder Salben (46,8%) sowie harnstoffhaltige Externa kontinuierlich oder wiederholt verwendet (41,5%).

Während die genannten Therapien damit von den Befragten, die bereits Erfahrungen mit der jeweiligen Behandlungsmaßnahme gemacht haben, relativ häufig als Dauer- oder Wiederholungstherapie eingesetzt werden, wird von Personen, die jemals teerhaltige Produkte angewendet haben, nur von einem geringen Teil (15,8%) eine zumindest wiederholte Anwendung angegeben.
 

Tabelle 7: Häufigkeit einzelner Therapiemaßnahmen (n=191)
(Komplementärmedizinische Verfahren "grau" unterlegt)
 
Anteil an allen Befragten (%)
Anteil an behandelten 
Personen (%)
Behandlungsmaßnahme 
jemals 
angewendet 
(n) (%) 
A
nur vor 1996
B
nur in 1996
C
1996 und vorher
D
nur vor 1996
E
nur in 1996
F
1996 und vorher
Präparate zur äußeren 
Anwendung ... 
               
... die wirkstoffrei sind 
165
86,4
29,3
6,3
50,8
33,9
7,3
58,8
... mit Wirkstoffen aus der Natur 
59
30,8
15,7
5,8
9,4
50,8
18,6
30,5
... mit Kortison
156
81,7
30,9
7,3
43,5
37,8
9,0
46,8
... mit Harnstoff 
82
42,9
20,4
4,7
17,8
47,6
11,6
41,5
... mit Wirkstoffen gegen Pilze 
55
28,8
17,3
4,7
6,8
60,0
16,4
23,6
... die Teer enthalten
76
39,8
30,4
3,1
6,3
76,3
7,9
15,8
Präparate zur inneren  
Anwendung ... 
               
... mit Wirkstoffen aus der Natur 
42
22,0
15,2
2,6
4,2
69,0
11,9
19,0
... auf homöopathischer Basis 
45
23,6
14,1
6,8
2,6
60,0
28,9
11,1
... mit Kortison
42
22,0
15,2
0,5
6,3
69,0
2,4
28,6
... die Beruhigungsmittel  
enthalten 
27
14,1
10,5
1,6
2,1
74,1
11,1
14,8
... die gegen Allergien sind 
93
48,7
26,7
3,1
18,8
54,8
6,5
38,7
Vermeidung einzelner  
Nahrungsmittel 
78
40,1
17,3
5,2
18,3
42,3
12,8
44,9
Vegetarische Ernährung 
12
6,3
3,7
0,5
2,1
58,3
8,3
33,3
Fastenkur / Heilfasten
11
5,8
4,7
0,5
0,5
81,8
9,1
9,1
Eine Diät
11
5,8
3,1
1,6
1,0
54,5
27,3
18,2
Entspannungstechniken /  
autogenes Training 
38
19,9
9,9
5,2
4,7
50,0
26,3
23,7
Psychotherapie
19
9,9
5,8
2,1
2,1
57,9
21,1
21,1
Aufenthalt in Regionen mit Reizklima 
90
47,1
27,7
4,7
14,7
58,9
10,0
31,1
Ölhaltige Badezusätze 
120
62,8
33,0
6,8
23,0
52,5
10,8
36,7
Bestrahlung mit ultraviolettem Licht (UV) 
74
38,7
20,9
5,8
12,0
54,1
14,9
31,1
Akupunktur
14
7,3
6,3
1,0
-
85,7
14,3
-
Elektro-Akupunktur nach Voll 
4
2,1
1,6
0,4
-
75,0
25,0
-
Bioresonanztherapie
7
3,7
1,0
2,1
0,5
28,6
57,1
14,3
Eigenblutbehandlung
20
10,5
6,8
1,0
2,6
65,0
10,0
25,0
Organextrakttherapie
1
0,5
0,5
-
-
100,0
-
-
Symbioselenkung
7
3,7
2,1
1,0
0,5
57,1
28,6
14,3
Sauerstofftherapie
3
1,6
1,6
-
-
100,0
-
-
Magnetfeldtherapie
1
0,5
-
0,5
-
-
100,0
-
Bachblütentherapie 
10
5,2
3,1
1,0
1,0
60,0
20,0
20,0
 

Präparate zur inneren Anwendung
Im Vergleich zu den extern anwendbaren Behandlungen weisen die Therapien zur inneren Anwendung erwartungsgemäß eine deutlich geringere Häufigkeit in der Anwendung bei der Gesamtpopulation auf, die zwischen 14,1% (Beruhigungsmittel) und 48,7% (Antiallergika) liegt. Erfahrungen mit homöopathischen oder phytotherapeutischen Therapien sowie mit der Einnahme von Kortison haben jeweils nahezu ein Viertel der Befragten gemacht.

Bezogen auf die Gesamtpopulation werden Antiallergika am häufigsten kontinuierlich respektive mehrfach angewendet (18,8%), während die anderen Interna deutlich seltener zumindest wiederholt eingesetzt werden (kortisonhaltige Interna: 6,3%, pflanzliche Interna: 4,2%; homöopathische Interna: 2,6%, Beruhigungsmittel: 2,1%).

Betrachtet man dagegen nur die Personen, die diese Therapien bereits angewendet haben, so zeigt sich, daß der Anteil der Mehrfachanwender zwar auch bei dieser Bezugsgruppe bei den Antiallergika am größten ist (Antiallergika: 38,7%), darüber hinaus werden aber auch kortisonhaltige Interna relativ häufig über einen längeren Zeitraum eingesetzt (28,6%). Medikamente auf pflanzlicher Basis sowie Beruhigungsmittel werden dagegen nur von 19,0% bzw. 14,8% längerfristig angewendet.

Bei den homöopathischen Arzneimitteln geben nur 11% der Personen, die jemals homöpathische Mittel verwendet haben, eine kontinuierliche oder wiederholte Einnahme an, wobei bei diesen Patienten der Anteil derer, die erst im Laufe des Jahres 1996 die Therapie erstmals angewendet haben, mit 28,9% relativ hoch ist.

Ernährung / Diät
Bei der Vermeidung einzelner Nahrungsmittel kann eigentlich nur bedingt von einer Therapie gesprochen werden, da in der Regel die bestehenden Eßgewohnheiten nicht grundlegend verändert werden und nur die Nahrungsmittel gemieden werden, die Symptome der atopischen Dermatitis auslösen bzw. verstärken. Diese Form der Beeinflussung der atopischen Dermatitis wurde von 40,1% der Befragten jemals wahrgenommen. Gezielte Diäten, vegetarische Ernährung oder Fastenkuren haben dagegen nur relativ wenige (zwischen 6,3% und 5,8%) der befragten Patienten zur Behandlung der atopischen Dermatitis angewendet.

Während 18,3% aller Befragten kontinuierlich oder wiederholt einzelne Nahrungsmittel vermeiden, werden (potentiell einschneidendere) Diäten oder vegetarische Ernährung nur von 1,0% bzw. 2,1% aller Befragten durchgängig eingehalten.

Bei einer Fastenkur handelt es sich per se um eine Maßnahme, die zeitlich begrenzt eingesetzt wird, so daß der sehr geringe Anteil "kontinuierlich" Fastender unter allen Befragten (0,5%) plausibel ist.

Auch bei der Betrachtung ausschließlich der Personen, die die Hauterkrankung durch ein bestimmtes Ernährungsverhalten beeinflussen wollen, zeigt sich, daß die Strategie der Vermeidung einzelner Nahrungsmittel am häufigsten durchgängig oder wiederholt verfolgt wird (44,9%). Auch eine vegetarische Ernährung wird im Gegensatz zur Diät oder Fastenkur relativ häufig (33,3%) weitergeführt.

Psychotherapeutische Verfahren
Nahezu ein Fünftel der Befragten hat jemals Entspannungstechniken bzw. autogegenes Training durchgeführt (19,9%). In psychotherapeutischer Behandlung waren 9,9% aller Befragten.

Ein gutes Fünftel der Personen, die eines der beiden Verfahren jemals eingesetzt haben, wendet sie kontinuierlich oder wiederholt über einen längeren Zeitraum an (Entspannungstechniken: 23,7%; Psychotherapie: 21,1%).

Reizklima, Badezusätze, UV-Licht
Knapp die Hälfte aller Befragten (47,1%) berichtet jemals mindestens einen Aufenthalt in einer Region mit Reizklima. Zu diesen Regionen gehören die Nordseeküste bzw. die Nordseeinseln, Hochgebirgsregionen und das Tote Meer.

Von den 73 Patienten, die in den Klartextangaben Auskunft über die Region gaben, nannten 72,6% mindestens einen Aufenthalt an der Nordsee oder in den Alpen. Darüber hinaus wurden jedoch von 18,2% auch solche Regionen angegeben, die nicht als Reizklima im eigentlichen Sinne bezeichnet werden (z.B. Mittelmeer, Ostsee).

Da es sich bei Aufenthalten in reizklimatischen Zonen in der Regel um zeitlich begrenzte Maßnahmen handelt, ist die Häufigkeit, mit der die Befragten angeben, solche Aufenthalte kontinuierlich oder wiederholt durchzuführen, sowohl unter allen Befragten als auch nur in bezug auf die Personen, die sich jemals im Reizklima aufgehalten haben, als vergleichsweise hoch einzuschätzen (14,7% bzw. 31,1%).

Die ölhaltigen Badezusätze gehören nach den wirkstoffreien und kortisonhaltigen Externa mit 62,8% zu den häufigsten jemals in der Untersuchungspopulation angewendeten therapeutischen Verfahren. Auch Bestrahlungen mit UV-Licht zählen mit einer Häufigkeit von 38,7% unter allen Patienten ebenfalls zu den Therapiemaßnahmen, die relativ häufig jemals angewendet wurden.

Komplementärmedizinische Verfahren
Von den in Tabelle 7 dargestellten 27 Therapien können 14 als komplementärmedizinische Verfahren bezeichnet werden, deren Inanspruchnahme jedoch zum Teil bereits in den entsprechenden anderen Abschnitten dieses Kapitels beschrieben wurde. Im folgenden werden daher nur die in den letzten neun Zeilen der Tabelle zusammengestellten Behandlungsverfahren näher erläutert.

Überraschend ist, daß alle neun Therapien nur selten bis sehr selten in der Untersuchungspopulation angewendet wurden. Die Eigenblutbehandlung wurde dabei noch am häufigsten angegeben (10,5%) und wird damit ähnlich häufig wie eine Psychotherapie eingesetzt.

Die Akupunktur, die unter den Maßnahmen, bei denen eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen beantragt wird, eine Spitzenposition einnimmt, wird dagegen nur von 7,3% aller Patienten mit atopischer Dermatitis als eine Therapie, die jemals angewendet wurde, genannt.

Die Häufigkeit, mit der die übrigen Therapien angegeben wurden, liegt zwischen 5,2% (Bachblütentherapie) und 0,5% (Organextrakttherapie, Magnetfeldtherapie) und ist damit durchweg sehr gering.

Da zumindest einzelne der Verfahren (z.B. Elektro-Akupunktur; Akupunktur), ähnlich wie "Aufenthalte im Reizklima" oder "Heilfasten", als zeitlich begrenzte, tendenziell einmalig bzw. im Rahmen mehrerer Sitzungen durchzuführende Maßnahmen zu verstehen sind, scheint es plausibel, daß hier praktisch keine kontinuierlichen oder wiederholten Anwendungen beobachtet werden können. Allerdings sollten die Angaben zur "Kontinuität", mit der einzelne komplementärmedizinische Therapien angewendet werden, angesichts der geringen Häufigkeit, mit der die meisten dieser Maßnahmen bislang durchgeführt wurden, zurückhaltend interpretiert werden.

Zusammenfassend läßt sich in bezug auf die Häufigkeit, mit der einzelne Verfahren in der Gesamtbefragtengruppe mit atopischer Dermatitis jemals angewendet wurden, festhalten, daß

Zur Prävalenz kontinuierlich oder wiederholt über einen längeren Zeitraum eingesetzter Therapien ist festzustellen, daß vor allem wirkstoffreie Externa bzw. kortisonhaltige Externa nicht nur punktuell eingesetzt werden.

Auswertungen, die sich ausschließlich auf die Befragten beziehen, die eine bestimmte Therapie im Krankheitsverlauf bereits eingesetzt haben, verdeutlichen, daß in erster Linie Präparate zur äußeren Anwendung (wirkstoffreie, kortison- und harnstoffhaltige Externa), Antiallergika, ölhaltige Badezusätze und eine Vermeidung einzelner Nahrungsmittel kontinuierlich oder zumindest wiederholt verwendet werden.

Zu den Therapien, die eher selten längerfristig angewendet werden, zählen dagegen - neben Beruhigungsmitteln, Diäten und teerhaltigen Externa - vor allem komplementärmedizinische Verfahren, wobei hier allerdings zu berücksichtigen ist, daß bei einigen Therapien keine dauerhafte Therapie erwartet werden kann (z.B. Akupunktur).

1.3.3 Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren

Eine tiefergehende Analyse des Inanspruchnahmeverhaltens komplementärmedizinischer Verfahren bezog sich insbesondere auf folgende Fragen:
  1. Wie viele komplementärmedizinische Verfahren haben die befragten Patienten angewendet?
  2. Werden komplementärmedizinische Verfahren ergänzend zu schulmedizinisch medikamentösen Therapieangeboten wahrgenommen?
  3. Gibt es Unterschiede zwischen Patienten, die komplementärmedizinische Verfahren anwenden und solchen Patienten, die ausschließlich schulmedizinisch medikamentöse Verfahren in Anspruch nehmen?
Zwar hat mehr als die Hälfte der Befragten (53,4%) im Verlauf der Hauterkrankung komplementärmedizinische Verfahren angewendet, dennoch ist die Anzahl der durchschnittlich jemals angewendeten komplementärmedizinischen Verfahren mit 1,2 Verfahren pro Befragtem in der Untersuchungspopulation sehr gering.

Personen, die komplementärmedizinische Verfahren angewendet haben, verfügen dagegen in der Regel über Erfahrungen mit mehreren komplementärmedizinischen Therapien (im Durchschnitt 2,3; Maximum: 11).

Außerdem zeigt sich, daß Patienten, die jemals komplementärmedizinische Verfahren angewendet haben, auch bereits mehr schulmedizinisch medikamentöse Verfahren eingesetzt haben als Patienten, die bislang keine Erfahrungen mit komplementärmedizinischen Verfahren gemacht haben (vgl. Tabelle 8). D.h. Patienten, die komplementärmedizinische Verfahren einsetzen, wenden im Verlauf ihrer Erkrankung insgesamt mehr Therapien an und sind dabei auch schulmedizinisch medikamentösen Therapien gegenüber generell aufgeschlossen.

Die vorliegenden Daten legen zudem den Schluß nahe, daß komplementärmedizinische Verfahren von der überwiegenden Mehrheit der Patienten, wenn überhaupt, zusätzlich zu schulmedizinisch medikamentösen Therapien angewendet wurden (vgl. Tabelle 8).

Tabelle 8: Inanspruchnahme komplementärmedizinischer und/oder schulmedizinisch medikamentöser Verfahren (n = 191)
Patienten, die ...  (n)
(%)
A ... nur komplementärmedizinische Maßnahmen angewendet haben  3
1,6
B ... nur schulmedizinisch medikamentöse Therapien angewendet haben  81
42,4
C ... sowohl schulmedizinisch medikamentöse als auch  
komplementärmedizinische Verfahren angewendet haben 
102
53,4
D ... weder schulmedizinisch medikamentöse noch 
komplementärmedizinische Verfahren angewendet haben 
9
4,7
  Anzahl der schulmedizinisch medikamentösen Verfahren bei Patienten,     
B ... die nur schulmedizinisch medikamentöse Therapien angewendet haben  2,35  
C ... die sowohl schulmedizinisch medikamentöse als auch  
komplementärmedizinische Verfahren angewendet haben 
3,1***  
*** p < 0.01

Die Inanspruchahme komplementärmedizinischer Verfahren kann daher vermutlich vor allem vor dem Hintergrund einer unterschiedlichen Erkrankungsdauer und -schwere interpretiert werden.

Subgruppenanalysen in Gruppen von Patienten mit verschiedenem Schweregrad verdeutlichen denn auch, daß komplementärmedizinische Maßnahmen insbesondere von Patienten eingesetzt wurden, die

D.h. die Unterschiede, die bereits in der Analyse zur "Inanspruchnahme therapeutischer Verfahren insgesamt" gezeigt werden konnten, können auch im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren belegt werden.

Darüber hinausgehend zeigt sich in der bivariaten Überprüfung, daß insbesondere weibliche Befragte häufiger komplementärmedizinische Verfahren bislang eingesetzt haben (p < 0,05).

Unter der Zielsetzung, relevante Einflußfaktoren auf die Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren zu identifizieren, wurden die Merkmale, die sich zuvor durchgeführten bivariaten Analysen als relevant erwiesen haben, in multivariate Modellberechnungen einbezogen ("Alter", "Dauer der Hauterkrankung", "stärkste Beeinträchtigung jemals (VAS-2)", "Geschlecht").

Im endgültigen Modell (vgl. Tabelle 9) sind nur noch die Variablen enthalten, die einen eigenständigen signifikanten Beitrag zur Erklärung der Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren leisten. Dabei handelt es sich um die Merkmale "Geschlecht", "stärkste Beeinträchtigung jemals (VAS-2)" und "Anzahl betroffener Hautareale".

Tabelle 9: Einflußfaktoren auf die Inanspruchnahme komplementärmedizinischer
Verfahren (logistisches Regressionsmodell, n= 184)
  Kategorien
OR
Konfidenzintervall
Abhängige Variable 

Inanspruchnahme komplementär- 
medizinischer Verfahren 

Ja 
Nein
   
Unabhängige Variablen       
Anzahl betroffener Hautareale 

Geschlecht 

Stärkste Beeinträchtigung jemals (VAS-2) 

je zusätzlich betrof- 
fenes Areal 

 Männliche = 0+ 
Weiblich = 1 

 je 10 Skalenpunkte 

1,3 

1,6 

1,3

(1,12 - 1,59)
(1,18 - 2,29)
(1,0 - 1,31)
+ Referenzkategorie

Die "Anzahl betroffener Hautareale" übt einen eigenständigen Einfluß auf die Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren aus: bei jedem zusätzlich betroffenen Hautareal erhöht sich das Verhältnis der beiden betrachteten Gruppen "mit" bzw. "ohne" komplementärmedizinische Verfahren um den Faktor 1,3.

Als weitere wesentliche Determinanten konnten darüber hinaus die "stärkste Beeinträchtigung jemals" sowie das Geschlecht identifiziert werden. So ist beispielsweise unter Frauen die Wahrscheinlichkeit, jemals komplementärmedizinische Verfahren eingesetzt zu haben, im Vergleich zu Männern um den Faktor 1,6 höher (ORGeschlecht = 1,6).

Zusammenfassend bleibt zur Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren festzuhalten, daß

 

1.3.4 Determinanten der Inanspruchnahme einzelner
Therapiemaßnahmen

In einem letzten Schritt wurde versucht, auch auf der Ebene einzelner Therapien und Verfahren relevante Einflußfaktoren auf die Inanspruchnahme zu identifizieren. Dazu wurden für die Therapien, zu denen von mindestens 10 Befragten Angaben zur Anwendung vorlagen, bivariat überprüft, inwiefern Patienten mit einem höheren Schweregrad der atopischen Dermatitis einzelne Therapien häufiger anwenden als Patienten mit einem geringeren Schweregrad. Als Indikatoren für den Schweregrad wurden dabei jeweils die Merkmale "Dauer der Hauterkrankung", "Anzahl Hautstellen" und "stärkste Beeinträchtigung jemals (VAS-2)" verwendet. Die Inanspruchnahme (abhängige Variable: Therapie angewendet: "ja" / "nein") wurde jeweils in Abhängigkeit von der Ausprägung eines der Merkmale auf statistisch signifikante Differenzen überprüft.

In Tabelle 10 sind die Ergebnisse dieser Überprüfung dargestellt, wobei jeweils angegeben wird, ob es statistisch signifikante Unterschiede zwischen Anwendern und Nichtanwendern einzelner Therapien in bezug auf die genannten Merkmale gibt.

Die Datenauswertungen belegen dabei durchgängig, daß bei statistisch nachweisbaren Differenzen im Inanspruchnahmeverhalten ein ausgeprägtes Krankheitsbild, d.h. eine bereits länger andauernde Hauterkrankung, eine große Anzahl betroffener Hautregionen sowie eine hohe maximale Beeinträchtigung im Krankheitsverlauf, mit einer verstärkten Inanspruchnahme der einzelnen Therapien verbunden ist. Beispielsweise wird eine Therapie umso eher eingesetzt, je länger die Hauterkrankung bereits andauert.

Tabelle 10: Indikatoren des Schweregrads als Determinanten der Inanspruchnahme
einzelner Therapieverfahren (n > 10)
Inanspruchnahme von ... 
Dauer der
Hauterkrankung
Anzahl
Hautareale
VAS-2
Präparaten zur äußeren Anwendung ...       
... die wirkstoffrei sind 
n.s.
n.s.
n.s.
... mit Wirkstoffen aus der Natur 
n.s.
n.s.
*
... mit Kortison
**
**
**
... mit Harnstoff 
n.s.
**
**
... mit Wirkstoffen gegen Pilze 
n.s.
n.s.
n.s.
... die Teer enthalten
*
n.s.
**
Präparaten zur inneren Anwendung ...       
... mit Wirkstoffen aus der Natur 
*
***
**
... auf homöopathischer Basis 
*
*
n.s.
... mit Kortison
n.s.
**
*
... die Beruhigungsmittel enthalten 
n.s.
*
n.s.
... die gegen Allergien sind 
n.s.
*
**
Vermeidung einzelner Nahrungsmittel 
*
**
n.s.
Vegetarischer Ernährung 
n.s.
**
*
Entspannungstechniken / autogenen Training 
*
*
n.s.
Psychotherapie
n.s.
n.s.
n.s.
Aufenthalt in Regionen mit Reizklima 
***
***
**
ölhaltige Badezusätze 
***
***
*
Bestrahlung mit UV-Licht 
**
***
**
Akupunktur
n.s.
n.s.
n.s.
Eigenblutbehandlung
n.s.
**
*
* p < 0.05; ** p < 0.01; p = 0.000

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