Das Online-Magazin des DATADIWAN
Ausgabe Nr. 1 / März 1998 - ISSN 1435-1560 
 
Ein einfaches Experiment zum Fotografieren von Lebensenergie?
Ermöglicht der Orgonakkumulator nach Wilhelm Reich die Herstellung von Kirlian-Fotos mittels Lebensenergie (Orgonenergie) statt mittels elektrischer Hochspannung?
von Bernhard Harrer
 
Zusammenfassung: 
Ein Experiment von Thelma Moss zum Abbilden von Lebensenergiefeldern auf Fotomaterial wird dargestellt. Dabei werden vorrangig Pflanzenteile zusammen mit Fotomaterial in einem Orgonakkumulator nach Wilhelm Reich gelagert. In drei Versuchsläufen wurde das Experiment nachvollzogen, die Ergebnisse werden geschildert und entsprechende Bilder gezeigt. Die Entstehung der Abbilder wird analysiert und mit bekannten physikalischen und chemischen Effekten verglichen. 
Summary: 
Here an experiment conducted by Thema Moss is described which tried to reproduce life energy fields on photographic materials. Heretofore, mainly plant elements and photographic materials are placed together in an orgone accumulator based upon Wilhelm Reich’s orgone theory. In three series of tests, the set-up was reproduced in order to get actual pictures of life energy fields. The emergence of these pictures is analyzed and compared with casual physical and chemical effects. 

Schlüsselwörter: 
Kirlianfotografie, Lebensenergie, Wilhelm Reich, Orgon, Orgonenergie, Orgonakkumulator. 
Keywords: 
Kirlian Photography, Life Energy, Wilhelm Reich, Orgone, Orgone Energy, Orgone Energy Accumulator.

Fotografieren von Lebensenergie
Lebensenergie oder Lebensenergiefelder fotografieren zu können haben bereits viele Experimentatoren auf dem Gebiet der Lebensenergieforschung versucht. Tatsächlich wäre es ein ideales Mittel zur Erforschung des Themas, und könnte sehr anschaulich die Existenz einer spezifischen Energie des Lebens beweisen. Der Psychotherapeut Wilhelm Reich meinte einen Weg gefunden zu haben, um Lebensenergie, oder Orgonenergie wie er sie nannte, zu akkumulieren.

"Das Orgonenergiefeld läßt sich auch fotografieren mit einem der Kirlian-Fotografie ähnlichen Verfahren, zu dem man allerdings keine Elektrizität benötigt", behauptet James DeMeo in seinem Orgonakkumulator-Handbuch. Danach stellt er ein Verfahren vor, mit dem Thelma Moss Felder von Lebensenergie um Pflanzenteile herum abgebildet haben will, und ermuntert seine Leser das Experiment selbst durchzuführen.

Der Aufwand für diesen Versuch ist tatsächlich gering:
In eine lichtundurchlässige Kartonschachtel geben Sie empfindliches Fotopapier zusammen mit den Objekten, die Sie abbilden möchten, und legen die Schachtel in einen Orgonakkumulator. Sie warten eine Weile und entwickeln daraufhin das Fotomaterial (DeMeo spricht von einer Frist zwischen einem und sieben Tagen, scheint den Versuch allerdings selbst nicht nachvollzogen zu haben).
Bild 1 zeigt einige Schachteln und Gegenstände, die Sigrid Bärndal und Bernhard Harrer im Jahr 1990 für solche Versuche verwendeten.
Copyright von Bild 1: Bärndal und Harrer, 1990
Eva Reich, Tochter und mehrjährige Mitarbeiterin von Wilhelm Reich hatte Thelma Moss, die damals an der University of California in Los Angeles an Kirlianfotografie arbeitete, auf diesen Gedanken gebracht. Moss beschreibt in ihrem 1979 erschienenen Buch 'The Body Electric', daß es ihr auf diese Weise gelang, Abbilder von Zitronenstücken und Fleisch zu erhalten.

Nachvollzug der Experimente von Moss durch Bärndal und Harrer
Dieser Versuch, Fotomaterial im Orgonakkumulator zu belichten (eigentlich "beorgonen"), wurde 1990 von Sigrid Bärndal und Bernhard Harrer in zwei Versuchsreihen unter kontrollierten Bedingungen nachvollzogen:
Verschiedene Materialien wie Sand, Pflanzenteile, Metalle, Magneten und Globuli von homöopathischen Hochpotenzen wurden mit empfindlichstem Farbdiafilmmaterial in einzelne Schachteln aus Karton oder Eisenblech gegeben. Im ersten Durchlauf wurden die Schachteln zusammen mit Leerkontrollen (Filmstücke ohne besondere Objekte) in einem Orgonakkumulator mit neun Doppelschichten aus Eisen/Stahlwolle und Holz/Steinwolle über acht Tage gelagert. Im zweiten Durchlauf wurden sie im stärksten Orgonakkumulator (25 Doppelschichten) eines namhaften Berliner Herstellers von Orgonakkumulatoren über zwölf Tage gelagert. Anschließend wurde das Filmmaterial jeweils sofort entwickelt.

Als Fotomaterial kam bei der ersten Versuchsreihe Orwo UT 21 (ASA 100) zur Anwendung, es wurde selbst entwickelt. Bei der zweiten Versuchsreihe wurde Agfachrom 1000 RS (ASA 1000) eingesetzt, und zur Erhöhung der Lichtempfindlichkeit wurde die Entwicklung von einem professionellen Labor ausgeführt, das Material wurde auf ASA 2000 gepushed. Dieses Material wurde gewählt, weil Wilhelm Reich der Orgonenergie die Farbe blau zugeschrieben hatte, und Farbdiafilmmaterial die Farben unverfälscht und positiv wiedergibt. Es ist sehr lichtempfindlich, und bei Bedarf kann im Labor seine Empfindlichkeit verdoppelt (gepushed) werden.

Ergebnisse der ersten und zweiten Versuchsreihe
Ein Filmstreifen, der mit einem blühenden, grünen Zweig eines Wacholders in einer feuchtedichten Metallschachtel gelagert war, zeigte grünliche Flecken, vorrangig da, wo er mit dem Zweig in direkter Berührung stand. Auf keinem weiteren Filmstück konnten Spuren von Belichtung festgestellt werden.

Das Ergebnis war also mager, viele verschiedenen Materialien zeigten keinerlei Abbild. Aber der blühende Wacholderzweig spornte uns zu einer zweiten Versuchsreihe an: Konnte es sein, daß lebendes organisches Material wie der Wacholderzweig oder die Zitrone von Moss das Fotomaterial beeinflußten? Immerhin war das Filmstück mit dem Wacholderzweig beim Öffnen nach zwölf Tagen im Orgonakkumulator durchfeuchtet und aufgequollen gewesen!

Der dritte Versuch
Ein dritter Versuch sollte das Phänomen klären: Thelma Moss hatte Zitronenstücke und Fleisch direkt auf Fotomaterial gelegt, dies wollten wir mit Zitronenstücken wiederholen. Diesmal verwendeten wir einfaches Schwarzweiß-Negativpapier auf PE- und Baryt-Basis (Ilfospeed 3.1M PE-Papier und Foma Baryt-Papier).

Tatsächlich - auf den entwickelten Fotopapieren zeigten sich Stellen einer Veränderung, die wie eine Belichtung aussahen: Um den Effekt zu verdeutlichen, wurde nach Wegnahme der Zitronenstücke das Fotopapier zur Hälfte für zehn Sekunden unter dem Vergrößerungsgerät nachbelichtet, die zweite Hälfte war dabei abgedeckt. Dort wo der Zitronensaft direkt auf das Fotopapier eingewirkt hatte, waren Flecken entstanden. Dort wo die Haut der Zitronenstücke noch intakt war, war der Einfluß geringer, ein mittleres Grau war dort zu sehen. Bild 2 zeigt ein solches Abbild. Die nachbelichtete Seite in Bild 2 ist die obere, schwarze Seite.
Copyright von Bild 2: Bärndal und Harrer, 1992
War dieses Bild nun durch Orgonenergie zustande gekommen? Bei dieser Versuchsreihe konnten wir uns den Orgonakkumulator und das lange Warten ersparen. Schon nach zwei Stunden im Dunkeln (kein Orgonakkumulator) ergeben sich solche Abbilder, die denen von Moss (Moss 1979) gleichen.

Wie ist das Phänomen zu erklären? Weder Orgonenergie noch Biophotonen (Bischof 1995) sind hier im Spiel. Ursache dieser Bilder sind die aus der Zitrone in das Filmmaterial einsickernden Fruchtsäuren, die durch ihre chemische Reaktion mit den Fotochemikalien eine Abbildung hervorrufen. Sie breiten sich in der Fotoemulsion millimeterweit über den Rand der Zitrone hinaus aus und ergeben damit sogar einen schmalen "Aura"-Effekt. Wo Säuren in das Fotomaterial eingedrungen sind, kann auch die Chemikalie des Entwicklerbades nicht richtig wirken, denn Säuren stoppen den Entwicklungsprozeß.

Es handelt sich also nicht um eine Fotografie eines Lebensenergiefeldes, wie Moss und DeMeo behaupten. Erstens ist es kein echtes Foto, denn das Phänomen entsteht nicht durch Belichtung sondern durch chemische Reaktion, und zweitens gibt es keinen Hinweis darauf, daß der Orgonakkumulator irgend etwas zur Entstehung dieser Pseudofotos beiträgt.

Moss berichtet in ihrem Buch, daß ihr schon damals von Kritikern gesagt wurde, das Phänomen sei durch direkten chemischen Kontakt erzeugt. Sie wollte diese Erklärung allerdings nicht gelten lassen, da in einigen Fällen auch dort Flecken aufgetreten waren, wo kein direkter Kontakt bestanden hatte.

Wie entsteht das Phänomen?
Auch diese Flecken haben eine physikalisch-chemische Ursache: Organisches Material gibt ständig Feuchtigkeit und chemische Substanzen wie Duftstoffe und ätherische Öle an die Umgebung ab. Wäre dies nicht so, könnten wir eine Zitrone nicht riechen, sie würde niemals vertrocknen, und ein Riechfläschchen mit Zitronenöl würde niemals leer werden.

In einer geschlossenen Schachtel ist die enthaltene Luft schnell mit Feuchte und anderen flüchtigen Substanzen gesättigt, und das Wasser und die Duftstoffe kondensieren an den Oberflächen des Fotomaterials. Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum ein leerer gebrauchter Kühlschrank geöffnet bleiben sollte, wenn die Kühlung abgeschaltet wird? Er beginnt sonst nämlich zu schimmeln, und zwar überall dort, wo sich organische Substanzen niedergeschlagen haben.

Die Kondensation an Oberflächen ist im allgemeinen nicht gleichförmig, denn mikroskopische Verunreinigungen wirken als Kondensationskeime, an denen sich kleine Tropfen niederschlagen. In der Umgebung eines Tropfens ist der Dampfdruck eines Gases (sei es Wasserdampf oder ätherisches Öl) aus physikalischen Gründen aber so verändert, daß der Tropfen bis zu einer gewissen Größe weiter wächst. In dem vorliegenden Fall sickert er in das Fotomaterial und verändert dessen Eigenschaften bis hin zu chemischen Reaktionen. So entstehen die Flecken, die Thelma Moss beschrieb. Und genau das hat uns unser blühender Wacholderzweig gelehrt.
Berlin, 8. Februar 1998
Bernhard Harrer
Literatur


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