Elektrosmog-Report
4. Jahrgang / Nr. 7 Juli 1998

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Mobiltelefone

Müdigkeit, Kopfschmerzen und Hautbrennen durch Mobiltelefonieren

Obwohl bereits Millionen von Menschen Mobiltelefone benutzen, fehlten bislang epidemiologische Studien über mögliche Befindlichkeitsstörungen und Gesundheitsschäden. Diese unbefriedigende Situation ändert sich nun. In verschiedenen Ländern wurden und werden Studien durchgeführt, einige bereits abgeschlossen und publiziert. Eine umfangreiche, aktuelle Untersuchung mit über 17.000 Teilnehmern stammt aus Norwegen und Schweden. Die Studie zeigt eine signifikante Erhöhung verschiedener Sym-ptome in Abhängigkeit von der Gesprächsdauer mit analogen und digitalen Mobiltelefonen.

Im Jahr 1995 berichteten viele Menschen über Symptome, die sie auf ihr Mobiltelefonieren zurückführten. Hierzu zählten Kopfschmerzen, Unwohlsein, Wärmegefühle hinter und an den Ohren sowie Konzentrationsschwierigkeiten. Diese Berichte waren Anlaß für das schwedische Arbetslivsinstitutet (Institut für Sicherheit und Gesundheit im Arbeitsleben) und das nor-wegische Institut SINTEF Unimed, eine großangelegte Studie durchzuführen. Im Mittelpunkt stand die Überprüfung der Hy-pothese, daß der digitale GSM-Mobilfunk mehr Symptome verursachen würde als die ältere Analogtechnik ("NMT900").
Beide Institute entwickelten zunächst einen umfassenden Fragebogen der folgende Aspekte umfaßte:

Mit Hilfe dieser Fragebögen wurden in Schweden 6.379 GSM-Benutzer und 5.613 NMT-Benutzer sowie in Norwegen jeweils 2.500 Benutzer befragt. Der Rücklauf betrug in Schweden 76% und in Norwegen 64%.

Ergebnisse

Entgegen der aufgestellten Hypothese traten bei den ana-logen Mobiltelefonen mehr  Symptome auf als bei den digitalen GSM-Telefonen.
Noch interessanter ist aber: Egal ob analog oder digital, beim Mobiltelefonieren treten in Abhängigkeit von der Länge der Gesprächszeiten eine Reihe von Symptomen und psycho-vegetativen Störungen signifikant erhöht auf (vgl. Tabelle). In Schweden hatten 13% und in Norwegen sogar 30% der antwortenden Mobiltelefonbenutzer mindestens ein Symptom erlebt. Auf häufigsten genannt wurden: Wärmegefühle hinter und am Ohr, Hautbrennen, Kopfschmerzen und Müdigkeit. 3% (Norwegen) bzw. 5% (Schweden) berichteten von "anderen Symptomen" wie Problemen mit Augen, Ohren und Nacken sowie Gesichtssymptome wie Kribbeln oder Spannungsgefühle.

Tabellen: Symptome bei Benutzern von analogen (NMT900) und digitalen Mobiltelefonen (GSM) bei  verschiedenen Ge-sprächzeiten. (Angepaßtes geschätztes relatives Risiko (adjusted OR), fett: signifikante Ergebnisse (p<0,05). Refe-renzgruppe: Benutzer mit Gesprächzeiten unter 2 Minuten pro Tag)

Norwegen (5.000 erfaßte Mobiltelefonierer)
 
 
Analog (min/Tag)
Digital (min/Tag)
 
2-15
15-60
>60 
2-15
15-60
>60 
Müdigkeit
1,14
1,59
2,47
1,10
1,55
4,14
Kopfschmerzen
1,81
3,31
6,36
1,94
2,69
6,31
Wärmegefühl hinterm Ohr
2,42
4,29
18,1
1,68
2,93
16,0
Wärmegefühl am Ohr
2,65
5,30
12,4
1,65
3,94
8,37
Hautbrennen
1,44
4,29
11,8
1,56
3,48
8,42

 

Schweden (knapp 12.000 erfaßte Mobiltelefonierer)
 
 
Analog (min/Tag)
Digital (min/Tag)
 
2-15
15-60
>60 
2-15
15-60
>60 
Müdigkeit 1,33 2,26 2,32 1,25 1,80 1,40
Kopfschmerzen 1,81 3,24 3,40 1,49 2,50 2,83
Wärmegefühl hinterm Ohr 4,28 10,7 30,3 2,63 9,00 21,9
Wärmegefühl am Ohr 6,18 15,3 47,8 2,73 10,2 22,4
Hautbrennen 1,05 2,12 4,17 1,06 2,34 2,77

 

So berichteten beispielsweise die norwegischen GSM-Benutzer, die ihr Telefon 60 Minuten und länger benutzten, mehr als doppelt so oft über Kopfschmerzen als die Gruppe, die sich mit 15 bis 60 Minuten täglich begnügt (vgl. Tabelle).
Die Wärmegefühle hinter und am Ohr scheinen ein Indi-kator für weitere Effekte zu sein: Das Risiko, vegetative Sym-ptome zu bekommen, war in der Gruppe mit den Ohr-Wärme-gefühlen um den Faktor 2 bis 4 erhöht.
Auffallend an den Ergebnissen ist ihre hohe Signifikanz. So liegt z. B. in der schwedischen Untersuchung das relative Risiko für ein Wärmegefühl am Ohr in der Gruppe der Vielte-lefonierer (mehr als 60 Minuten am Tag) bei 47,8 (analog) bzw. 22,4 (digital) im Vergleich zu Wenigtelefonierern (< 2 min/Tag); die dazugehörigen Konfidenzintervalle reichen von 18,9 - 121 bzw. 9,10 - 55,0.

Man kann nach diesen Untersuchungen also davon ausge-hen, daß mobile Vieltelefonierer hohen Risiken ausgesetzt sind, Wärmegefühle im Ohrbereich und Hautbrennen zu erle-ben und geringeren, aber im Vergleich zu anderen Elektro-smog-Effek-ten immer noch erheblichen Risiken bzgl. Kopf-schmerzen und Müdigkeit. Die Risiken sind dabei bei analogen Geräten durchweg höher als bei digitalen (Anm. d. Red.: was hier gegen die besondere Wirkung von gepulster Strahlung spricht).

Ursachen

Auch wenn es naheliegt, so bleibt es doch offen, ob die Hochfrequenzfelder der Mobiltelefone tatsächlich die Ursache für die Symptome darstellen. Die Autoren diskutieren die Ursa-chenproblematik ohne Voreingenommenheit. Der Internet-news-ticker der Fachzeitschrift c't schreibt dazu am 28.05.98: "Die Autoren legen sich in ihrer Studie nicht auf eine konkrete Ursache wie Abstrahlung, Wärmeentwicklung oder Ergonomie fest. Für gewöhnlich verläuft der Alltag eines Vieltelefonierers streßvoll und könnte daher selbst schon Kopfschmerz und Müdigkeit verursachen. Auch die mangelnde Verständlichkeit und Sprachqualität während der Funkgespräche kann strapazieren. Jeder, der schon mal in lauter Umgebung ein Handy ans Ohr pressen mußte, wird das bestätigen."

Die ersten Fakten liegen nun auf dem Tisch. Bis wir wirk-lich wissen, welche Gefahr von den Millionen Mobiltele-fonen ausgeht, werden noch etliche Untersuchungen vonnöten sein.

Quelle:  Mild, K. H., Oftedal, G., Sandström, M., Wilen, J., Tynes, T., Haugsdal, B., Hauger, E. (1998): Comparison of analogue and digital phone users and symptoms. A Swedish-Norwegian epidemiological study.
http://www.miwl.se/fakta/summary.pdf
 
 
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Soziologische Forschung

EMF und Versicherung

Die Versicherungswirtschaft sieht sich bei der EMF-Problematik einem hohen unkal-kulierbaren Eigenri-siko gegenüber und hat in den letzten Jahren ver-schiedene Strategien zur Bewältigung entwickelt. Der vorliegende Text faßt die Ergebnisse einer im Januar 1998 abgeschlossenen Diplomarbeit zu diesem Thema zusammen.

Elektromagnetische Felder (EMF) stehen im Verdacht, Krebs und andere Krankheiten zu verursachen oder zu begün-stigen. Aus dem bislang fehlenden naturwissenschaftlichen Kausalbeweis für eine generell gesundheitsschädigende Wir-kung von EMF den Schluß zu ziehen, die Elektroindustrie und Elektrizitätswirtschaft - und letztendlich die Erst- und Rück-versicherer - könnten nicht haftbar gemacht werden, erweist sich bei genauerem Hinsehen als ein Trugschluß: Allein in den USA kommt es seit Anfang der 90er Jahre jährlich zu 30 bis 40 neuen Rechtsstreitigkeiten wegen EMF-bedingter Wertminde-rung von Immobilien. Die Zahl der Prozesse um durch EMF hervorgerufene Berufserkrankungen und Gesundheitsschäden für die allgemeine Bevölkerung nimmt zu. In den EMF-bezogenen gerichtlichen Auseinandersetzungen ist Klägern vereinzelt Schadensersatz zugesprochen worden. Infolge dieser Entwicklungen haben die Erst- und Rückversicherer im Laufe der letzten Jahre einen "Sinn" für das EMF-Risiko entwickelt. So lohnt es sich, einen Blick auf den Umgang der Versicherungen mit dem EMF-Risiko zu werfen. Es wird sich zeigen, daß von einer generellen Unversicherbarkeit des EMF-Risikos nicht gesprochen werden kann. Durch einen neuartigen Zuschnitt der Haftpflichtversicherungspolicen wird auf reaktivem Wege eine reduzierte Versicherbarkeit gewährleistet. Zudem verfolgen Versicherungen spezifische EMF-Risiko-Management-Strate-gien, um durch dieses aktive Unsicherheitsbewußtsein Fragen der Versicherbarkeit abschätzen zu können und gleichzeitig vorwiegend haftungsbezogene Präventivfunktionen zu erfüllen.

Empirische Datenbasis

Für die Analyse des versicherungsinternen Umgangs mit der EMF-Risikoproblematik wurde das empirische Datenmaterial aus den folgenden Bereichen zusammengetragen:


Die EMF-Haftungsabschätzung der Versicherungen

Viele Versicherungsunternehmen sehen im Zusammen-hang mit dem EMF-Risiko, für sich die Gefahr heraufziehen, - ähnlich wie bei den Asbestose-Schäden in den USA - von einer Reihe unabsehbarer, plötzlicher und zusammenhängender Schadensfälle überrascht zu werden. Wenn aufgrund neuer wissenschaftlicher Forschungsergebnisse Kausalität zwischen EMF und Gesundheitsschäden nachgewiesen werden sollte und keine haftungsverneinenden "Ausreden" möglich sind, dann werden die Versicherungsnehmer und ihre Versicherer einer erheblichen Anzahl von Ansprüchen gesundheitsgeschädigter Kläger ausgesetzt sein. Innerhalb der Versicherungsbranche herrscht bezüglich des EMF-Haftungsrisikos Furcht davor, daß das bisher eher gering einzuschätzende Haftungsrisiko durch weitgehende gesetzgeberische Beweiserleichterungen be-trächt-lich ansteigen könnte. Wie bereits angedeutet, ist das juristische Umfeld der USA besonders anfällig für gerichtlich angeordnete EMF-Schadensersatzzahlungen. Infolgedessen kündigt sich ein über die Grenzen der USA hinausreichendes EMF-Haftungsri-siko an, da die europäischen Gerichte und Gesetzgeber im EMF-Bereich bisher mit einiger Verzögerung dem amerikani-schen Rechtssprechungstrend gefolgt sind.

Gesellschaftspolitisches Änderungsrisiko

Die Versicherungswirtschaft sieht sich bei der EMF-Pro-blematik einem hohen unkalkulierbaren Eigenrisiko gegenüber. Die aufsehenerregenden Haftungsprozesse im Umweltbereich allgemein und im Zusammenhang mit elektromagnetischen Phänomenen im besonderen deuten aus Sicht der Versicherun-gen auf einen stufenweisen Übergang von der Verschuldens- über die Gefährdungs- zur „Vermutungs- oder Verdachtshaftung“ (Schweizer Rück 1996) hin. Zu dem klassischen technologischen Entwicklungsrisiko - bezogen auf EMF bezeichnet dies die Möglichkeit, daß die alltägliche und dem Stand der Technik entsprechende Nutzung elektrischer Geräte und Anlagen aufgrund neuer naturwissenschaftlicher Erkenntnisse als gesundheitsschädigend eingestuft wird - tritt das Phänomen, daß gleichartige wissenschaftliche Erkenntnisse aufgrund veränderter gesellschaftlicher Werte subjektiv anders beurteilt werden als bisher. Das von den Versicherungen gefürchtete EMF-Änderungsrisiko setzt sich folglich aus dem klassischen Entwicklungsrisiko und einem „gesellschaftspolitischen Änderungsrisiko“ (a.a.O.) zusammen. Laut Aussagen der Versicherungen liegt die besondere Brisanz der EMF-Problematik in der Hauptsache nicht in den nur schwer beweis- und quantifizierba-ren Gesundheitsrisiken, sondern in dem unkalkulierbar großen gesellschaftspolitischen Änderungsrisiko. Die „Schweizer Rückversicherung“ bezeich-net das EMF-Thema als typisches Beispiel für ein „Phantomrisiko“ (a.a.O.), bei dem die Größe denkbarer Gesundheitsrisiken wissenschaftlich nicht zu bemessen ist und gleichzeitig eine öffentliche Angstwirkung provoziert wird. Aufgrund der angedeuteten gesellschaftlichen Ein-flüsse fürchtet die Versicherungsbranche ein unkalkulierbar großes EMF-Haftungsrisiko.

Eingeschränkter EMF-Versicherungsschutz

Die im Industriegeschäft tätigen Haftpflichtversicherungen zeigen spezifische Reaktionen auf das EMF-Risiko: Um insbesondere die steigenden EMF-Schadensabwehr- und Verteidigungskosten in einem vertretbaren Rahmen zu halten, handeln die Versicherer bei der Zeichnung entsprechender Haftpflichtversicherungspolicen äußerst besonnen. Einzelne Versicherungen haben auf reaktivem Wege ‘EMF-angemessene’ Deckungskonzepte ausgearbeitet, um so eine begrenzte Versicherbarkeit zu gewährleisten.

Falls entsprechend angehobene Prämiensätze für das (wenn überhaupt) nur schwer kalkulierbare EMF-Risiko nicht durchsetzbar oder berechenbar sind, so ist der Deckungsausschluß als Radikallösung ein möglicher Ausweg. EMF-bedingte Immobilienwertverluste sind mittlerweile aus den US-Standard-Haftpflichtversicherungsverträgen ausdrücklich ausgeschlossen. Infolge der Unwägbarkeiten werden mögliche EMF-Schäden teilweise auch von der deutschen Versicherungsbranche nicht mehr unter Deckung genommen. Ein sich über die gesamte internationale Haftpflichtversicherungsbranche erstreckender genereller EMF-Deckungsausschluß ist in der Praxis des Versicherungsgeschäfts jedoch nicht zu erwar-ten. Da es die Absicht der Versicherer ist, sich vor unüberschaubaren finanziellen Belastungen zu schützen, hat sich mittels "risikogerechter" Vertragsgestaltungen in der Praxis der Haftpflichtversicherung eine begrenzte Versicherbarkeit des EMF-Risikos bewährt.

Der aktive Umgang mit dem EMF-Risiko

Die EMF-Problematik bewirkt neben den beschriebenen reaktiven auch aktive Methoden des versicherungsinternen Umgangs mit der damit zusammenhängenden Unsicherheit. Das komplexe EMF-Risiko ist zu einem Gegenstand des um-welttechnischen Aufgabenfelds der Versicherungen geworden. Um die weitreichende EMF-Unsicherheit handhaben zu kön-nen, hat sich der Umgang der Versicherungen mit dem EMF-Risiko von statistischen Wahrscheinlichkeitserwägungen hin zu einer mehr aktiven Risikobetrachtung gewandelt. Mit Hilfe der Analyse der komplexen Ursachen und Auswirkungen des ‘undurchsichtigen’ EMF-Risikos beschreiten die Versicherun-gen neue Wege in Richtung eines EMF-Risiko-Managements.

Um nicht in ein völlig unabwägbares Risiko hineinzuge-raten, versuchen die Erstversicherer in Zusammenarbeit mit den Rückversicherern, EMF-Risiko-Management-Praktiken auszu-arbeiten. Innerhalb eines aktiven Umgangs mit dem EMF-Ri-siko sind die Versicherungen darum bemüht, sich selbst so-wie ihren Industriekunden den neusten Stand von Wissenschaft und Technik kontinuierlich zu vergegenwärtigen. Innerhalb der noch jungen interdisziplinär ausgerichteten Umweltrisikobe-ratung der Erst- und Rückversicherer, die der Unterstützung der kaufmännischen Underwriting-Fachabteilungen und des Versi-cherungskunden dienen soll, enfaltet sich so etwas wie ein spe-zifisches EMF-Risiko-Management.

Die Versicherungsbranche wartet nicht ab, bis sich die potentielle Verbindung zwischen EMF und Gesundheitsschä-den beim Menschen aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse möglicherweise als reales Gesundheitsrisiko herausstellt. Be-sonders der amerikanische Haftpflichtversicherungsmarkt ist im Bereich der EMF-Haftungsrisiko-vermindernden Maßnah-men innovativ: So haben einzelne Ver-sicherungen innerhalb ihrer Kundenverträge verbindliche Richtlinien einer Strategie des ‘prudent avoidance’ entwickelt. Unter den Umständen ho-her Unsicherheit betreiben einzelne amerikanische Versiche-rungen in Zusammenarbeit mit ihren Kunden durch eine wirt-schaftlich vertretbare und zugleich weitgehende Minimierung der EMF-Exposition (sog. Politik des ‘ALARA’: as low as reasonably achievable) eine im Kern haftungsbezogene Prä-vention. Hierbei verfolgt man das Ziel, das potentielle EMF-Gesundheits- und damit zusammenhängende Haftungsrisiko durch eine umsichtigere Erzeugung und Übertragung elektri-scher Energie zu begrenzen.

Fazit

EMF-Gesundheitsschäden bleiben das Entwicklungsrisiko eines störungsfreien und behördlich genehmigten Normalbe-triebs von Anlagen oder Geräten. Erst im Zuge sich in Zukunft weiterentwickelnder wissenschaftlicher Beobachtungen wird sich das EMF-Risiko möglicherweise näher bestimmen lassen. Dem Umstand des momentanen Nichtwissens des EMF-Risi-kopotentials versuchen die Versicherungen mit Präventions-strategien entgegenzuwirken, jedoch bleibt unklar, wohin ge-nau Prävention betrieben wird (vgl. Hapke 1998). Obwohl die Versicherungsbranche sensibel mit der EMF-Problematik um-geht, sind einer gezielten EMF-Risikoprävention in der Versi-cherungspraxis somit enge Grenzen gesetzt. Um diese eng begrenzten Möglichkeiten zur aktiven Bearbeitung des EMF-Risikos zumindest teilweise zu erweitern, sollten die Versiche-rer verstärkt Expertenwissen der sozialwissenschaftlichen Risi-koforschung in ihre Risikobetrachtungen miteinbeziehen.

Dipl.-Soz. Martin Johanntoberens
Institut für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT)
Universität Bielefeld, Universitätsstr. 25,
D - 33615 Bielefeld
Der Text beruht auf der im Januar 1998 an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld eingereichten Diplomarbeit von Martin Johanntoberens unter dem Titel: "Risiko und Versicherung: Zum Umgang der Versicherungen mit neuen technologischen Risiken - Das Beispiel elektromagnetischer Felder". Die Arbeit wurde von Prof. Dr. Peter Weingart und Prof. Dr. Klaus Peter Japp betreut. Der soziologische Hintergrund der Überlegungen wurde in diesem Artikel so weit als möglich ausgeklammert.

Literatur:


 
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Mobiltelefone

Blutdruckerhöhung durch Mobiltelefone

Nach einer Studie aus der Neurologischen Klinik der Universität Freiburg führten hochfrequente elektromagnetische Felder (EMF) von Mobiltelefonen zu einer signifikanten Erhöhung des Blutdrucks um 5 bis 10 mm Hg. Ursächlich war der Tonus der Blutkapilla-ren erhöht, ein Hinweis auf eine erhöhte sympathische Aktivität.

Dr. Stephan Braune und Kollegen testeten sieben gesunde Männer und drei gesunde Frauen im Alter zwischen 26 und 36 Jahren in einem einfachblinden plazebokontrollierten Versuch hinsichtlich des Einflusses von EMF von Mobiltelefonen (GSM 900 MHZ, gepulst mit 217 Hz, 2 Watt) auf Blutdruck, Herzfre-quenz, Durchblutung der Blutkapillaren (Haargefäße) und sub-jektives Befinden. Die Studie wurde technisch und finanziell von der Deutschen Telekom AG unterstützt.

Methode

Der Blutdruck, der Puls und die Kapillardurchblutung wurden kontinuierlich gemessen. Das Befinden wurde vor und nach einer Untersuchungsphase mittels einer visuellen Ana-logskala erfaßt.
Das Handy wurde in typischer Telefonierposition an der rechten Kopfseite fixiert. Die Probanden wußten nicht, ob es EMF aussendet oder nicht. Die einzelnen Untersuchungsphasen - eine Plazebo- und eine EMF-Phase - dauerten jeweils 35 Minuten. Um intraindividuelle Schwankungen zu reduzieren, wurden die Versuche fünfmal an fünf verschiedenen Tagen wiederholt.
Nach 35 Minuten in liegender Ruheposition folgten einige Messungen unter Belastungsbedingungen (Stehen für 60 Sekunden, sechsmaliges tiefes Ein- und Ausatmen, Valsalva-Versuch). Beim Stehen steigt der Blutdruck normalerweise etwas an und die verschiedenen getesteten Belastungssituationen führen ebenfalls zu charakteristischen Blutdruckveränderungen, die beispielsweise Aufschluß über die Funktion des vegetativen Nervensystems geben.
Ergebnisse und Interpretation

Während der EMF-Exposition im Liegen war der systoli-sche und diastolische Blutdruck im Vergleich zur Plazebo-Situation signifikant um 5 bis 10 mm Hg erhöht (diastolisch: p<0,01, systolisch: p<0,0001). Unter den körperlichen Belastungssituationen wurden keine Auffälligkeiten durch EMF-Einfluß registriert. Die Durchblutung der Blutkapillaren war unter EMF durchgängig vermindert (p<0,01). Sie waren also etwas stärker kontrahiert bzw. zusammengezogen. Die Herzfrequenz war sowohl in Ruhe als auch unter Belastung leicht vermindert (p<0,05).

Die Ergebnisse wurden von den Untersuchern mit einer verstärkten Aktivität des sympathischen Teils des vegetativen Nervensystems durch die 35minütige EMF-Handy-Belastung erklärt. Dies habe zu einem verstärkten Zusammenziehen der Blutgefäße geführt mit nachfolgendem Blutdruckanstieg. Eine verstärkte Sympathikusaktivität kann als Ausdruck einer Bela-stungssituation gewertet werden. In zur Zeit laufenden Folge-studien sollen die Ergbnisse repliziert und den Ursachen für die erhöhte sympathische Aktivität nachgegangen werden.

Quellen:

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Wetterfühligkeit

Gehirn reagiert auf nahende Unwetter

Deutliche Hinweise, daß das Gehirn auf herannahende Gewitter reagiert, haben Psychologen der Universität Gießen entdeckt. In einem Test setzten sie 200 Versuchspersonen in einer gegen das Erdmagnetfeld abgeschirmten Kammer schwachen magnetischen Impulsen aus, wie sie durch Blitze entstehen und einer aufziehenden Gewitterfront bis etwa 1.000 Kilometer weit vor-auseilen.
Messungen der Gehirnaktivität der Testpersonen mit ei-nem EEG zeigten, daß sich das Muster der Gehirnströme nach einigen Minuten im Rhythmus der simulierten Blitzentladun-gen veränderte, ohne daß die Testpersonen dies wahrnehmen konnten. Auch nach Abschalten des künstlichen Gewitters blieb die veränderte Hirnaktivität bis über eine Viertelstunde erhalten - bei Menschen, die sich selbst als wetterfühlig ein-schätzen, deutlich länger als bei anderen.
Quelle: Bild der Wissenschaft, Juni 1998
 
 
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Layout: Datadiwan eMail: webmeister@datadiwan.de