Elektrosmog-Report
4. Jahrgang / Nr. 6 Juni 1998
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Politik

SPD fordert Intensivierung der EMF-Grundlagenforschung

Nach einer Pressemitteilung von Horst Kubatschka, forschungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, stimmten die Koalitionsparteien im Forschungsausschuß dem SPD-Antrag zur Intensivierung der Grundlagenforschung bei elektromagnetischen Feldern zu.

Kubatschka schreibt: "In den letzten Jahren wurden wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirkung elektromagnetischer Felder auf den Menschen veröffentlicht. Die Erkenntnisse sind jedoch aufgrund der unterschiedlichen Versuchsbedingungen der Studien schwer vergleichbar und teilweise widersprüchlich. Deshalb ist eine koordinierte Grundlagenforschung in diesem Bereich dringend erforderlich."

Besonderen Schwerpunkt legt Kubatschka auf die Grundlagenforschung zu den biologischen Wirkungsmechanismen elektromagnetischer Felder (EMF), auf die Gründung eines neutralen, wissenschaftlichen Beirates, der Forschungsschwerpunkte festsetzen, koordinieren und entsprechende Projekte vergeben soll, und die Aufstockung der finanziellen Mittel, an der sich auch die entsprechenden Industrien beteiligen sollten.

Quelle: Pressemitteilung vom 05.03.1998.
 
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Interview

Wiederholung der Löscher-Studie in den USA

Die Redaktion des Elektrosmog-Reports führte aus aktuellem Anlaß ein Interview mit Dr. Wolfgang Löscher, Professor an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie (Bünteweg 17, 30559 Hannover).

Elektrosmog-Report: Die von Ihnen und Ihren Mitarbeitern in den letzten Jahren durchgeführten Tierversuche haben international Aufsehen erregt, da sie erstmalig eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen der Magnetfeldstärke und der Promotion von Brustkrebs bei weiblichen Ratten zeigten. Die Versuche wurden nun in den USA vom Battelle-Institut wiederholt und konnten nicht reproduziert werden. Wie sahen die Ergebnisse genau aus?

Löscher: Eine Arbeitsgruppe des Battelle-Instituts wiederholte im Auftrag des Bundesgesundheitsamtes (NIH) der USA einen unserer Versuche mit 100 Mikrotesla (50 Hertz). Wir hatten bei dieser Flußdichte in zwei unabhängigen Versuchen bei 13wöchiger Exposition eine signifikante Zunahme der Anzahl bei der Sektion sichtbarer Brusttumoren in einem Brustkrebsmodell an Ratten gefunden.

In der amerikanischen Studie wurde zunächst versucht, unseren Versuch so genau wie möglich zu wiederholen. Da nicht die von uns verwendeten Ratten, sondern Ratten eines amerikanischen Züchters verwendet wurden, ergab aber die Dosis des chemischen Karzinogens (20 mg DMBA pro Ratte), die zur Auslösung von Brustkrebs verwendet wurde, sehr viel mehr Tiere mit Tumoren, als in unseren Versuchen, d.h., die amerikanischen Ratten waren empfindlicher. Damit ließ der Versuch keine Beurteilung zu, ob die Magnetfeldexposition zu mehr Brusttumoren führte. In einer weiterführenden Untersuchung verwendeten die Amerikaner dann niedrigere Dosen von DMBA. Die Brustkrebsinzidenz bei den Kontrolltieren war dadurch niedriger; zusätzliche Magnetfeldexposition hatte keinen Effekt. In einem dritten Versuch wurde die Expositionsdauer von 13 auf 26 Wochen erhöht. Wiederum ergab sich kein Magnetfeldeffekt.

Elektrosmog-Report: Wie ist die Arbeit vom Battelle-Institut wissenschaftlich zu bewerten? Wie war Ihre Zusammenarbeit mit Battelle?

Löscher: Die Untersuchungen von Battelle wurden von erfahrenen Wissenschaftlern durchgeführt. Unsere Zusammenarbeit mit Battelle war gut. Man gab sich Mühe, unsere Versuche zu reproduzieren. Allerdings gab es zahlreiche Schwierigkeiten mit der finanzierenden Behörde, die sich laut Aussage wenig flexibel zeigte, so daß unsere Versuche nicht annähernd so genau wiederholt werden konnten, wie es für eine Replikationsstudie notwendig gewesen wäre.

Elektrosmog-Report: Wie erklären Sie sich die unterschiedlichen Ergebnisse?

Löscher: Wie bereits angesprochen, wurden von Battelle Ratten eines anderen Züchters verwendet, die sehr viel empfindlicher auf DMBA ansprachen, d.h., die Ratten waren genetisch unterschiedlich zu unseren Tieren. Das ist die wahrscheinlichste Erklärung für die Unterschiede in den Ergebnissen mit Magnetfeldexposition. Es gab aber zahlreiche weitere Unterschiede zwischen den Versuchen, die für die unterschiedlichen Ergebnisse eine Rolle spielen könnten. So war das Futter der Tiere unterschiedlich, die Expositionsdauer pro Tag war in den amerikanischen Versuchen kürzer (insgesamt 500 Stunden in 13 Wochen!), die Kontrolltiere waren in einem anderen Raum als die exponierten Tiere (bei uns waren beide Gruppen im gleichen Raum) etc. Das heißt, es handelte sich nicht um eine Wiederholung unserer Versuche, sondern lediglich um ähnliche Versuche.

Elektrosmog-Report: Eine weitere Battelle-Studie an Mäusen und Ratten fand in der Magnetfeld-belasteten Gruppe verstärkt Schilddrüsentumore. Können Sie uns hierzu Näheres mitteilen?

Löscher: Es handelte sich hierbei um sogenannte Lebenszeitstudien, in denen Ratten und Mäuse für den größten Teil ihres Lebens, d.h. für zwei Jahre in Magnetfeldern unterschiedlicher Flußdichten exponiert wurden. Der einzige Unterschied zu Kontrollen war das gehäufte Auftreten von Schilddrüsenkrebs in einigen der exponierten Gruppen. Dies wurde von Pathologen als eher zufällig und nicht magnetfeldbedingt angesehen, da es keinen klaren Zusammenhang zwischen Flußdichtenhöhe und dem vermehrten Auftreten von Schilddrüsenkrebs gab.

Elektrosmog-Report: In den USA fanden in den letzten Wochen verschiedene wissenschaftliche Meetings statt, die das Thema EMF & Tierversuche diskutierten. Sie waren selbst zu einem solchen Meeting eingeladen. Wie sieht der aktuelle wissenschaftliche Diskussionsstand hinsichtlich krebspromovierender und krebsinitiierender Eigenschaften von EMF aus? Wie beurteilen die Experten die unterschiedlichen Ergebnisse?

Löscher: Die umfangreichste Diskussion gab es zu unseren Untersuchungen im DMBA-Brustkrebsmodell, da man diesen Untersuchungen besondere Bedeutung beimaß. Da die Battelle-Studien nicht als Replikationsversuche bewertet wurden, sondern nur als ähnliche Versuche, war man der Meinung, daß weitere Untersuchungen zur möglichen Brustkrebspromotion durch Magnetfeldexposition notwendig sind. Insgesamt wird viel vom Ausgang mehrerer prospektiver epidemiologischer Brustkrebsstudien an amerikanischen Frauen mit beruflicher oder häuslicher Magnetfeldexposition abhängen. Zwischenergebnisse einer dieser Untersuchungen an Frauen mit erhöhter häuslicher Exposition zeigten erstmals eine signifikante Senkung des Hormons Melatonin bei exponierten Frauen. Da Melatonin eine Rolle beim Brustkrebswachstum zugeschrieben wird, ist dies der erste Hinweis, daß die "Melatoninhypothese" von Magnetfeldeffekten auf das Brustkrebswachstum auch beim Menschen relevant sein könnte. Weitere experimentelle Hinweise für einen Zusammenhang zwischen Magnetfeldexposition und Krebswachstum ergeben sich aus Daten zu Hautkrebsmodellen an der Maus. Für alle weiteren bisher experimentell untersuchten Krebstypen (z.B. Leukämien und Hirntumoren) gibt es nach Meinung der Experten keine Hinweise auf Magnetfeldeffekte.

Elektrosmog-Report: Wie geht es nun weiter? Welche Fragen müssen als Nächstes geklärt werden? Werden Ihre Versuche in den USA noch mal wiederholt? Werden Sie selbst in Hannover neue Tierversuche durchführen?

Löscher: Wir haben gerade eine weitere Untersuchung abgeschlossen, in der wir mit Unterstützung der amerikanischen Bundesregierung Versuche mit 26wöchiger Magnetfeldexposition im DMBA-Brustkrebsmodell durchführten. Dabei ergab sich wiederum eine signifikante Zunahme der Brustkrebsinzidenz. Mit Unterstützung des deutschen Bundesumweltministeriums führen wie umfangreiche Untersuchungen zu den möglichen Mechanismen der Magnetfeldeffekte in Krebsmodellen durch. Ob unsere Versuche in den USA wiederholt werden, hängt von der finanziellen Unterstützung solcher Versuche ab. Zur Zeit scheint die Drittmittelsituation für solche Versuche in den USA deutlich schlechter zu werden. Allerdings haben mir japanische Wissenschaftler mitgeteilt, daß unsere Versuche in Japan mit umfangreichen Mitteln der japanischen Regierung wiederholt werden.

Elektrosmog-Report: Vielen Dank für das Interview!
 
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EMF und Arbeitsschutz

Die neue Unfallverhütungsvorschrift "Elektromagnetische Felder"

Der Fachausschuß "Elektromagnetische Verträglichkeit" bei der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik hat im Auftrag des Bundesarbeitsministers einen Grundentwurf zu einer Unfallverhütungsvorschrift (UVV) "Elektromagnetische Felder" vorgelegt.

Die Gründe liegen in der Erweiterung des Auftrages der Berufsgenossenschaften durch die Neufassung des Arbeitsschutzgesetzes aus dem Jahr 1996. Es hat die europäische Rahmenrichtlinie zum Arbeitsschutz in nationales Recht umgesetzt. Ein weiterer Gesichtspunkt ist das große Interesse von Beschäftigten und Öffentlichkeit unter dem Schlagwort Elektrosmog.

Der Auftrag der Berufsgenossenschaften war bisher in erster Linie die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Neu hinzu gekommen ist die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren mit allen geeigneten Mitteln. In der Praxis sind jetzt nicht nur die Regelarbeitszeiten von 8 Stunden zu betrachten, sondern die gesamte Lebensarbeitszeit bis zum Eintritt in den Ruhestand. Inhaltlich bedeutet dieser Auftrag eine Integration von Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz unter dem Gesichtspunkt der Vorsorge durchzuführen. Es ist eine schwere Aufgabe, die hier zu leisten ist, zumal der Umweltschutz auch in der Arbeitswelt noch mit großen Vorbehalten zu kämpfen hat.

Zudem zeigt die Geschichte des Arbeitsschutzes immer ein problematisches Verhältnis bei der Umsetzung von Schutzansprüchen im Spannungsfeld zwischen Unternehmen, Berufsgenossenschaften und den arbeitenden Menschen. Auch dieser Entwurf zeigt Schwerpunktsetzungen, weil versucht wurde, mit pragmatische Elementen (Orientierung an existierenden Werten und nicht Annahme des jeweils ungünstigsten Falles) zu arbeiten, anstatt von einer allgemeinen Sicherheitsstruktur Handlungselemente abzuleiten.

Das vorliegende Sicherheitskonzept beruht auf unterschiedlichen Schutzzonen im gesamten Frequenzspektrum, von statischen Feldern bis zu elektromagnetischen Feldern von 300 Gigahertz. Es beginnt bei einem allgemein zugänglichen Bereich mit zulässigen Werten von 424 Mikrotesla (die Werte werden nur als Beispiel für das magnetische Wechselfeld von 50 Hertz angegeben; zum Vergleich: ICNIRP (beruflich): 500 Mikrotesla, ICNIRP (öffentlich) und 26. BImSchV (öffentlich): 100 Mikrotesla), einem kontrollierten Zugangsbereich mit 1.400 Mikrotesla, zwei Gefahrenbereichen (Aufenthaltsdauer max. zwei Stunden 2.400 Mikrotesla, Aufenthaltsdauer max. eine Stunde 4.240 Mikrotesla) und endet bei einer nicht zugänglichen Gefahrenzone. Für Teilkörperexpostionen werden generell höhere Werte zugelassen.

Die Empfehlungen der ICNIRP sind bis auf einige Umrechnungsunterschiede die Grundlage der zulässigen Werte, allerdings nicht für die Gefahrenbereiche.

Es sind keine neuen Grenzwerte, auch wenn sie jetzt als zulässige Werte bezeichnet werden. Die Begründung dafür ist klar, es gab bisher keine bekannt gewordenen Unfälle und es gibt bisher keine anerkannten wissenschaftlich gesicherten, langfristigen gesundheitlichen Gefahren. Diese Einschätzung soll hier nicht weiter erörtert werden.

Der UVV-Entwurf bleibt aus diesem Grunde auch bei dem bisherigen Gefährdungsmodell, daß Gefahren durch EMF lediglich durch zu hohe Stromdichten im Niederfrequenzbereich und übermäßige Erwärmung im Hochfrequenzbereich im Gewebe des Menschen bestehen.

Arbeit bedeutet Beanspruchung bzw. Belastung und ist daher immer mit Gefahren verbunden. Technologien der Steinzeit und des 20. Jahrhunderts führen zu unterschiedlichen Möglichkeiten von Unfällen und Schäden für den arbeitenden Menschen. Gefahren können nie vollständig vermieden werden. Nach dem neuen Arbeitsschutzgesetz soll den Gefahren präventiv – also systematisch vorausschauend - begegnet werden.

Unter diesem Gesichtspunkt soll der Entwurf der UVV betrachtet werden.

1. Sind die benutzten Sicherheitsfaktoren
ausreichend?

Das bestehende Gefährdungsmodell vereinfacht das komplizierte "biologische System" Mensch auf unzulässige Weise, wenn es um langfristige Einwirkungen geht. Mängel dieser Art werden üblicherweise wegen der fehlenden wissenschaftlichen Erkenntnisse durch hohe Sicherheitsfaktoren berücksichtigt. In dem Entwurf werden verhältnismäßig kleine Sicherheitsfaktoren (100 nach der Bewertung durch ICNIRP, andere Überlegungen dazu werden hier nicht erörtert) gegenüber anderen Gefährdungen, z.B. chemischen Stoffen, benutzt, die zudem noch verringert werden dürfen. Begründung: Dies ist aufgrund der Größe der Sicherheitsfaktoren und den kontrollierten Expositionsbedingungen zulässig (Seite 30). Die Praxis ist dagegen gekennzeichnet durch inhomogene Felder und deren schwere meßtechnische Erfassung.

2. Werden Langzeitwirkungen ausreichend
berücksichtigt?

Das Gefährdungsmodell und die Sicherheitsfaktoren mögen für Kurzzeitwirkungen nach der bisherigen Erfahrung und den benutzten Techniken noch ausreichend sein, für die sonst verlangte wissenschaftliche Vorgehensweise bei der Erfassung von Auswirkungen von EMF ist eine arbeitsmedizinische Beurteilung notwendig. Arbeitsmedizinische Vorsorge spielt im EMF-Bereich keine Rolle und ist in dem Entwurf nur bei hohen statischen Magnetfeldern in ungewöhnlicher Form vorgesehen (Seite 23). Arbeitsmedizinische Untersuchungen und Dokumentation der Arbeitsbedingungen sind Grundlage und Voraussetzung einer frühzeitigen Erkennung von Langzeitfolgen. Gerade bei neuen Technologien und Tätigkeiten sind es am Anfang nur kleine Auffälligkeiten, die erst in ihrer Summe und Zahl, die Gefahrenstrukturen erkennen lassen. Die Nutzung neuer Frequenzbereiche und Impulsformen ist bei der aufgezeigten Handlungsweise mit der Bedeutung des Austauschs einer Schreibtischleuchte für eine Gefahrenbetrachtung vergleichbar.

Nach dem Entwurf sollen Dokumentationen der Anlage lediglich 10 Jahre aufbewahrt werden (Seite 20). Der häufige Anlagenwechsel und die heutige von den Beschäftigen allgemein geforderte Mobilität werden dazu führen, daß später die Unterlagen zur Betrachtung der langfristigen Einwirkungen von EMF für die Beschäftigten nicht mehr verfügbar sein werden, wenn u.U. Ansprüche geltend gemacht werden müssen. Im Vergleich hierzu muß bei jeder Verletzung die Ausgabe eines Pflasters aus dem Verbandskasten dokumentiert werden.

3. Werden die Auswirkungen neuer Technologien berücksichtigt?

Neue Technologien zeichnen sich durch wesentlich höhere Schaltgeschwindigkeiten und damit sehr schnellen Feldänderungen aus. Hierzu werden zulässige Werte genannt. Forschungsergebnisse über längere Zeiträume zu diesen Parametern sind bisher nicht bekannt. Eine Begründung für diese Werte darf sich nicht allein auf das thermische Modell beschränken. Ein überlegtes Vorgehen bei dem Einsatz neuer Technologien als Grundlage zur systematischen Erarbeitung eines hohen Sicherheitsstandards wird nicht verlangt.

4. Werden Risikogruppen ausreichend
berücksichtigt?

Positiv ist zu anzumerken, wie versucht wird, zumindest eine Risikogruppe (Menschen mit elektronischen Implantaten, vorerst nur die Nutzer von Herzschrittmachern) mit individuellen Methoden zu berücksichtigen. Das Gleichheitsgebot unserer Verfassung, daß für alle arbeitenden Menschen in der Industriegesellschaft gelten sollte, spielt noch keine Rolle.

Werdendes Leben hat dagegen keine Interessenvertretung, denn Frauen haben auch höhere Teilkörperexpositionen hinzunehmen, die bei inhomogenen Feldern durch den vorgesehenen 100-Quadratzentimeter-Beurteilungsrahmen, der sich aus der Meßtechnik ergibt, noch stärker ausfallen können. Den Schutz von werdenden Leben kann keine UVV alleine leisten. Ein Beitrag hierzu wäre nicht nur erfreulich, sondern auch ohne weiteres möglich.

5. Werden unbeteiligte Beschäftigte ausreichend geschützt?

Umweltschutz soll nach dem Entwurf erst beim Nachbarn anfangen. An der Grenze des Betriebsgeländes dürfen demnach nicht die Werte der 26. BImschV überschritten werden. Entscheidend ist bei dieser Auslegung die Regelung für die an der Anlage nicht direkt Beschäftigten (z.B. Dienstleistungen, Schreib-, Reinigungsarbeiten in angrenzenden Räumen). Es wird eine analoge Betrachtung wie bei Lärmemissionen angestrebt. Der rechtliche Ansatz ist durchaus sinnvoll, von der Sache her allerdings bedenklich. Es wird eine klar erfaßbare Gefahrenquelle mit einer nicht unmittelbar erfaßbaren Gefahrenquelle gleichgesetzt. Hier wird versucht, das Grundrecht der Information über die bestehenden Arbeitsbedingungen mit weit über diesen Tätigkeitsbereich hinausgehende Folgen massiv einzuschränken.

Zusammenfassung

Der Mensch muß bei der Betrachtung der Folgen von nicht direkt nachweisbaren Auswirkungen komplexer Technologien die Wahrheitsquelle Nr. 1 bleiben. Die Geschichte des Arbeitsschutzes zeigt immer wieder den langen Weg bis zur Umsetzung von erfolgreichen Schutzmaßnahmen und die Schwierigkeiten bis zu einer Anerkennung von Berufskrankheiten gegen den Widerstand von Wissenschaftlern, Berufsgenossenschaften und Unternehmen.

Das neue Arbeitsschutzgesetz verpflichtet alle Beteiligten, einen Schwerpunkt mit der Gefährdungsanalyse auf die Vermeidung und Früherkennung von Fehlentwicklungen im Arbeitsschutz zu legen.

Der vorliegende Entwurf der UVV "Elektromagnetische Felder" hat das Vorsorgegebot - wie es auch in der Bildschirmarbeitsverordnung zum Ausdruck kommt - nicht ausreichend berücksichtigt. Arbeitsplätze in der Elektrotechnik verdienen genau soviel Aufmerksamkeit wie in einem Durchschnittsbüro. Eine Überarbeitung des Entwurfs unter Berücksichtigung der Ziele eines zukunftsorientierten Arbeitsschutzes ist dringend notwendig.

Bernd Rainer Müller

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EMF im Überblick

Übersichten über aktuelle Forschungsergebnisse

Im Rahmen ihrer jährlich stattfindenden Klausurtagung hat sich die deutsche Strahlenschutzkommission (SSK) am 15. und 16. Mai 1997 auf der Reisensburg/Ulm mit dem Thema "Funkanwendungen - Technische Perspektiven, biologische Wirkungen und Schutzmaßnahmen" befaßt. Die Ergebnisse der Tagung stehen nun Interessierten im Internet unter "http://www.ssk.de", Unterpunkt "Schwerpunkte 1997" zur Verfügung. Behandelt werden die Themen: Stand der Technik und zukünftige Entwicklungen, Erkenntnisse über biologische Wirkungen, Beeinflussung von Implantaten und Medizingeräten durch Mobilfunkeinrichtungen, epidemiologische Untersuchungen, Dosimetrie, Umsetzung in Grenzwerte und in technische Standards, Stand der Forschung und Forschungsprogramme und internationale Forschungsprogramme (z. B. das Projekt über gesundheitliche Auswirkungen elektromagnetischer Felder (EMF-Projekt) der Weltgesundheitsorganisation (WHO), vgl. Elektrosmog-Report, Februar 1998).

Zusammenfassend heißt es: "Die SSK stellt fest, daß durch die bisher durchgeführten Untersuchungen an biologischen Systemen bei Exposition im Bereich der gegenwärtigen Grenzwerte kein gesundheitliches Gefährdungspotential für den Menschen nachgewiesen ist. Die beschriebenen biologischen Wirkungen für den Menschen bedürfen einer Bestätigung oder einer weiteren Untersuchung (Forschungsbedarf).

Nach Feststellung der Strahlenschutzkommission liegt bisher kein überzeugender Beweis vor, daß Expositionen mit Hochfrequenz-Feldern, wie sie in unserer Umgebung vorkommen, zu teratogenen Effekten oder zu einer erhöhten Krebsinzidenz führen. Auch nach internationaler Einschätzung geben die derzeitigen epidemiologischen Befunde weder den Anlaß noch die Möglichkeit, Grenzwerte an ihnen auszurichten."

Die Stellungnahme der SSK sowie die Vortragsmanuskripte der Tagung erscheinen im Frühjahr 1998 als Band 38 der Reihe Veröffentlichungen der Strahlenschutzkommission.

Der Forschungsverbund Elektromagnetische Verträglichkeit biologischer Systeme (TU Braunschweig) hat seinen aktuellen Jahresbericht vorgelegt. Hier finden sich Übersichtsartikel zu verschiedenen aktuellen Forschungsvorhaben und Laboruntersuchungen an der TU Braunschweig. Zu den vorgestellten Forschungsvorhaben gehören Magnetfelder und Krebsentstehung im Kindesalter, Biologische Wirkungen von HF- und Mikrowellen und Einfluß von EMF von schienengebundener Verkehrstechnik auf biologische Systeme. Die Laboruntersuchungen befassen sich u. a. mit Mutationen in Chromosomen und Genen, Veränderungen des Zellwachstums, Reaktionen des Nervensystems und Einfluß des Hormons Melatonin. Schließlich werden die technischen Versuchseinrichtungen der TU Braunschweig vorgestellt.

Der Jahresbericht kann kostenfrei angefordert werden bei: Dipl.-Ing. H. Eisenbrandt, TU Braunschweig, Postfach 3329, 38023 Braunschweig, Tel: 0531-391-7738, Fax: 0531-391-8200.
 
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Verbraucherschutz

Kopftuch gegen
Mobiltelefon-Strahlung

Die Bewohner der Vereinigten Arabischen Emirate und anderer ölreicher Golf-Staaten zählen zu den eifrigsten Mobiltelefonierern der Welt. Allein in den Emiraten kommt etwa ein Handy auf acht Einwohner.

Der sudanesische Elektroingenieur Ali Halib Mohammed entwickelte zwei Produkte, die elektromagnetische Strahlung, insbesondere von Handies, vom Kopf fernhalten sollen. So behandelte er die traditionelle arabische Kopfbedeckung mit einer elektrisch leitenden Chemikalie. Ohne das Aussehen zu verändern, wird das Kopftuch so zur Abschirmung gegen Hochfrequenz. Das andere Produkt ist ein kleines elektronisches Gerät, daß die Feldstrahlung der Handy-Antenne verändert und vom Kopf fernhält. Beide Entwicklungen sind bereits patentiert, die Produkte werden jedoch zunächst nur in der Golfregion vertrieben.

Quelle: Dörte Saße, NandoNet, AFP 04.03.1998.
 
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Veranstaltungshinweis

14. bis 19. Juni 1998, Tel Aviv, Israel

1998 European Electromagnetics Conference

Kontakt: Sekretariat EUROEM '98, E-Mail: euroem98@kenes.co
 
 
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Layout: Datadiwan eMail:webmeister@datadiwan.de