Elektrosmog Report
Nr. 1 / 3. Jahrgang Januar 1997
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In eigener Sache
Zum neuen Jahr 1997

Der Elektrosmog-Report geht in sein drittes Jahr. Wir hatten uns beim Start zum Ziel gesetzt, aktuelle und fundierte Informationen aus den Bereichen Wissenschaft, Technik und Politik für die Elektrosmog-Debatte im deutschsprachigen Raum zu liefern. Sie müssen selbst entscheiden, ob uns dies in den letzten beiden Jahren gelungen ist. Stetig wachsende Abonnentenzahlen deuten an, daß wir auf dem richtigen Weg sind.

Die ursprüngliche Idee, neben Artikeln aus der Redaktion auch Texte von Fremdautoren zu integrieren, ist bislang nicht im gewünschten Umfang aufgegangen. Wir möchten weiterhin allen, die sich im wissenschaftlichen, technischen, rechtlichen oder auch politischen Bereich mit dem Thema Elektrosmog beschäftigen, anbieten, ihre Ergebnisse im Elektrosmog-Report zu publizieren.

Der im letzten Jahr gegründete (bzw. noch in Gründung befindliche) "Bundesverband gegen Elektrosmog e. V." (vgl. Elektrosmog-Report 2(6) S. 9, 1996) und das nova-Institut haben die Vereinbarung getroffen, daß Vereinsmitglieder die Zeitschrift zum halben Preis beziehen können, d. h. sie zahlen statt 98 DM nur 49 DM pro Jahr für Strahlentelex incl. Elektrosmog-Report.

Wir wünschen allen Lesern und Leserinnen ein gutes neues Jahr und etwas Bewegung in die international und national festgefahrene Elektrosmog-Debatte. Die mächtige "Entwarner-Fraktion" tischte in den letzten Jahren immer neue Metastudien auf, die zeigen sollten, daß im Niederfrequenzbereich bei Belastungen zwischen etwa 0,1 und 0,3 Mikrotesla (µT) keine Beweise für relevante biologische Wirkungen hätten erbracht werden können. Ob dies stimmt oder nicht ist offen. Es sollte dabei allerdings nicht vergessen werden, daß die Grenzwerte für die Allgemeinheit bei 100 µT (in Deutschland für kurzfristige Belastungen sogar bei 200 µT) liegen und damit den so erbittert diskutierten Bereich um den Faktor von 300 bis 1.000 überschreiten!

Können die Wissenschaftler mit derselben Sicherheit gesundheitlich relevante Effekte zwischen 0,3 und 100 µT ausschließen? Die Antwort lautet eindeutig NEIN. Gleichzeitig ist es fast immer möglich, mit geringem technischen, wirtschaftlichen oder logistischen Aufwand die Belastungen für die Allgemeinheit auf unter ca. 0,5 µT zu senken. Dem sollte endlich rechtlich und in Bezug auf Aufklärung und Kennzeichnung Rechnung getragen werden.

Ihre Redaktion Elektosmog-Report
 
 
 
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Verbraucherinformation

Belastungen durch elektrische Fußbodenheizungen

Werner Schaper, Elektrosmogberater der Verbraucherzentrale Hamburg, hat typische elektrische Fußbodenheizungen auf ihre magnetischen Flußdichten hin untersucht. Im Bettbereich traten dabei in der Regel Belastungen von einigen Mikrotesla (µT) auf. In einem Fall wurden in einem Abstand von 30 cm vom Boden sogar Werte von 15 µT gemessen. Die von kritischen Instituten wie ECOLOG und nova für die nächtliche Ruhephase geforderten maximalen Magnetfeldstärken von ca. 0,2 µT werden meist erst in einer Höhe von 1 bis 2 m über dem Fußboden erreicht bzw. unterschritten.

Da die meisten Wissenschaftler davon ausgehen, daß 50-Hz-Felder erheblich stärkere biologische Effekte ausüben als gleichstarke Gleichfelder, kann der Einbau von Gleichrichteranlagen das mögliche Risiko durch die Felder der elektrischen Fußbodenheizungen deutlich senken. Problematisch sind dabei die Kosten. Für eine Wohnfläche von 100 qm muß für die Gleichrichteranlage laut Schaper mit Kosten von ca. 17.000 DM gerechnet werden. Der Austausch der Heizungsanlage dürfte insgesamt kaum teurer kommen.

Da der Gesamtwirkungsgrad elektrischer Heizungen mit ca. 30 % deutlich geringer ist als z. B. der von Gasheizungen (Brennwertkessel über 95 %), wäre ein solcher Austausch auch unter Umweltgesichtspunkten von Vorteil.
 
 
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Stellungnahme

BfS zum Zusammenhang zwischen EMF und Krebs

In einem Infoblatt des deutschen Bundesamtes für Strahlenschutzes (BfS) vom 27. November 1996 erläutert das Amt seinen Standpunkt zum Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern (EMF) und Krebserkrankungen. Ergebnisse verschiedener epidemiologischer Studien seien widersprüchlich und überzeugende Erklärungsmodelle zur Entstehung von Krebs durch EMF gäbe es nicht. Im folgenden eine Dokumentation der wesentlichen Passagen der Stellungnahme "Krebs und Magnetfelder - Zusammenhang nicht erwiesen" mit einigen kommentierenden Anmerkungen in eckigen Klammern und Kursivschrift.

"In der Bevölkerung werden mögliche Auswirkungen von elektrischen und magnetischen Feldern auf die Gesundheit kontrovers diskutiert. Epidemiologische Studien, die die Wirkungen solcher Felder an verschiedenen Personengruppen untersuchen, werden dabei häufig als Beweis herangezogen [Anm.: Mehrheitlich werden solche Studien nicht als Beweis, sondern als begründete Hinweise auf mögliche Gefährdungen unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte gewertet, die zur Vorsorge mahnen.] Im folgenden verdeutlicht das BfS seinen Standpunkt in dieser Diskussion.

Was sind epidemiologische Studien?

In epidemiologischen Studien wird unter anderem mit statistischen Methoden untersucht, ob sich bestimmte Belastungen oder Umwelteinflüsse auf die Gesundheit verschiedener Personengruppen auswirken können, beispielsweise magnetische Felder von Hochspannungsleitungen auf das Krebsrisiko der Anwohner. (...)

Wie werden die Ergebnisse überprüft?

Prinzipiell lassen sich mit epidemiologischen Studien keine ursächlichen Beziehungen zwischen Einflußfaktoren und Erkrankungshäufigkeiten beweisen. Auch kann eine einzige Studie allein keine allgemeingültige Aussage über die Wirkung eines Umweltfaktors begründen.

Um dennoch die Stichhaltigkeit eines ermittelten Zusammenhangs zu prüfen, sind die Ergebnisse epidemiologischer Studien vor dem Hintergrund folgender Fragen zu bewerten.

Aussagen der Studien sind widersprüchlich

Große Schwierigkeiten ergaben sich häufig bei der Abschätzung der genauen Exposition, besonders über längere Zeiträume.

In einigen Studien wurde ein leicht erhöhtes Erkrankungsrisiko gefunden, insbesondere für Leukämien oder Lymphome bei Kindern - allerdings nur, wenn der Abstand der Wohnungen von Hochspannungsleitungen als Maß für die Exposition herangezogen wurde. Das Erkrankungsrisiko war jedoch kaum oder nur geringfügig erhöht, sobald die Feldstärken das Expositionsmaß bildeten, die tatsächlich in den Wohnungen gemessen wurden. [Anm.: Die gemessenen Feldstärken geben unter Umständen die tatsächliche Personenbelastung nur sehr ungenau wieder.] Die errechneten relativen Risikowerte lagen dabei an der Grenze der statistischen Bedeutsamkeit.

Bei Erwachsenen zeigt sich kein einheitliches Bild, obwohl bei bestimmten Berufen die Magnetfeld-Expositionen deutlich höher waren als bei den untersuchten Kindern [Anm.: Die Datenlage bei beruflich Exponierten ist nicht so unsicher, wie hier dargelegt.].

Aussagen einzelner Studien basieren häufig nur auf einer geringen Anzahl von Erkrankungsfällen. Aus diesem Grund wurden die Ergebnisse zahlreicher vergleichbarer Studien in sogenannten Meta-Analysen zusammengefaßt. Solche Meta-Analysen erbrachten aber keine grundlegend neuen Ergebnisse. [Anm.: Durch Metanalysen wurde die Fallzahl wiederholt so erhöht, daß sich signifikante Ergebnisse fanden. Das verändert die Sachlage. So schreibt etwa die amerikanische Umweltschutzbehörde EPA im Rahmen einer Metaanlyse von 1994: "Die epidemiologischen Kinderkrebsstudien zeigen für Kinder, die in der Nähe von Hochspannungsleitungen leben, konsistent wiederholt Befunde einer kleinen Erhöhung des relativen Risikos für Leukämie und Gehirntumore. (...) Es handelt sich dabei um einen echten Zusammenhang, der nicht mit einer ungenügenden epidemiologischen Methodik erklärt werden kann."]

Ein wichtiges Kriterium, um Zusammenhänge aus den Studienergebnissen abzuleiten, ist das Vorliegen von Ursache-Wirkungs-Beziehungen. (...) Eine solche Beziehung konnte in epidemiologischen Studien nicht nachgewiesen werden. [Anm.: Die bisher durchgeführten epidemiologischen Studien waren allerdings auch kaum geeignet, dies nachzuweisen.] (...)

Biologisch plausible Erklärungen zur Krebsentstehung durch Magnetfelder gibt es nicht. Bisher ist kein grundlegender Wirkungsmechanismus gesichert, der den Einfluß schwacher elektrischer oder magnetischer Felder bei der Krebsentstehung erklären könnte.

Bei den Studien, die in der Nähe von Hochspannungsleitungen durchgeführt wurden, wurden die Magnetfeldexpositionen mit 0,2 bis 0,5 Mikrotesla) angegeben. Diese Werte sind viel geringer als die Schwellenwerte für gesicherte biologische Wirkungen von 50-Hz-Magnetfeldexpositionen, die durch induzierte Körperströme ausgelöst werden. (...)

Zusammenhang mit Krebs nicht erwiesen

Bisher lieferten die Studien in ihrer Gesamtheit widersprüchliche und damit nicht belastbare Ergebnisse. Häufig erlauben auch unterschiedliche Versuchsbedingungen keine direkten Vergleiche. [Anm.: Es ist allerdings auffällig, daß sich auch bei unterschiedlichen Versuchsbedingungen bzw. methodischem Herangehen vergleichbare Tendenzen mit leicht erhöhten Risiken bei höheren EMF-Belastungen fanden.]

Die zahlreich vorliegenden Ergebnisse von Studien und Meta-Analysen wurden von Wissenschaftlern in vielen Ländern bewertet. Weltweit anerkannte Strahlenschutzgremien wie die internationale Strahlenschutzkommission für nichtionisierende Strahlung (ICNIRP), das englische Strahlenschutzamt (NRPB) oder die deutsche Strahlenschutzkommission (SSK) kamen zu dem Schluß, daß ein Zusammenhang zwischen einer Exposition durch magnetische Felder, wie sie im Alltag auftritt, mit einem vermehrten auftreten von Krebs nicht erwiesen ist, auch nicht im Fall der Leukämie bei Kindern. [Anm.: In einem NCRP-Report (Bericht des National Council on Radiation Protection and Measurements, USA) von 1995, der durch eine Indiskretion an die Öffentlichkeit gelangte, wurden Vorsorgewerte für Wohnräume, Schulen und Büros von 1 Mikrotesla (innerhalb von 3 Jahren), 0,5 Mikrotesla (innerhalb 6 Jahren) und 0,2 Mikrotesla (bis in 10 Jahren) genannt. (vgl.: Elektrosmog-Report 1(8), 5-7, 1995). Dieser Bericht ist immer noch nicht veröffentlicht. Das National Research Council der USA legte im Oktober 1996 ebenfalls einen Bericht vor, nachdem es "keine schlüssigen und konsistenten Beweise" für einen Zusammenhang zwischen EMF und gesundheitlichen Beeinträchtigungen, inklusive Krebs, gäbe. Dieser Bericht wurde von der Presse (u.a. dpa-Meldung) aufgenommen. In den Medien wurde der Bericht allerdings weitgehend als Unbedenklichkeitsbescheinigung für Elektrosmog fehlinterpretiert. Mittlerweile sind daher mehrere Vertreter des National Research Council mit dem Hinweis an die Öffentlichkeit getreten, daß EMF keine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt worden sei, sondern nur der wissenschaftliche Forschungsstand wiedergegeben wurde.]

Übereinstimmend wird jedoch die Notwendigkeit weiterer Forschungsarbeiten unterstrichen - vor allem zur Klärung der biologischen Wirkungsmechanismen. Damit soll die Frage nach möglichen Spätwirkungen endgültig beantwortet werden. Dies ist jedoch keine Begründung dafür, aus dem Einwirken schwacher elektrischer oder magnetischer Felder Gesundheitsgefahren abzuleiten.

Erste deutsche Studie in Niedersachsen

Hervorzuheben sind die Ergebnisse einer 1996 abgeschlossenen Studie zu elektromagnetischen Feldern und Krebserkrankungen im Kindesalter von Professor J. Michaelis aus Mainz. Die Studie basiert auf 219 im Deutschen Kinderkrebsregister erfaßten Leukämieerkrankungen und einer entsprechenden Kontrollgruppe nichterkrankter Kinder. Sie zeichnet sich gegenüber anderen Arbeiten durch bessere Ermittlung der Magnetfeldstärken aus: In insgesamt 710 Wohungen wurde der 50-Hertz-Magnetfeldverlauf gemessen, außerdem wurde der tageszeitliche Rhythmus der Magnetfeldbelastung mit 24-Stunden-Messungen erfaßt. Übrigens wurden in über 98 Prozent der Wohnungen Magnetfeldstärken unter 0,2 Mikrotesla im Mittel gemessen. (...) Nur bei vier von sieben Leukämieerkrankungen lag der 24 Stunden Mittelwert der Magnetfeldexposition oberhalb von 0,2 Mikrotesla. [Anm.: Das ist sachlich falsch. Richtig ist: Nur in 3 von 328 Kontrollwohnungen lag der Median der Messungen über 0,2 Mikrotesla, gegenüber 4 von 129 Wohnungen leukämiekranker Kinder. Daraus erechnet sich ein um den Faktor 3,2 erhöhtes Risiko, das wegen der geringen Fallzahl statistisch nicht signifikant war.] Dieser Gruppenunterschied war jedoch statistisch nicht signifikant. [Anm.: Trotz fehlender statistischer Absicherung des leicht erhöhten Risikos sehen Michaelis und Mitarbeiter in ihren Beobachtungen einen "weiteren Hinweis darauf, daß ein schwacher Zusammenhang zwischen der häuslichen Exposition durch stärkere elektromagnetische Felder und Krebserkrankungen bestehen könnte."]

Diese Studie gleicht im Ergebnis zahlreichen anderen Arbeiten: Wenn es überhaupt einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Leukämie bei Kindern und dem Einwirken schwacher Magnetfelder gibt, so ist dieser äußerst gering. Mit der tatsächlich aufgetretenen sehr kleinen Anzahl der Erkrankungsfälle ließ er sich statistisch nicht nachweisen. (...)

Grenzwert von 100 Mikrotesla bestätigt

Nach gründlicher wissenschaftlicher Prüfung aller vorliegenden Untersuchungen auf diesem Gebiet bestätigte die SSK 1995 erneut eine magnetische Flußdichte von 100 Mikrotesla bei 50 Hertz als Grenzwert für die allgemeine Bevölkerung bei Dauerbelastung. [Anm.: Die epidemiologischen Studien, bei denen sich eine leichte Erhöhung des Krebsrisikos fand, wurden im Mikroteslabereich (0,1 bis 0,5 Mikrotesla) durchgeführt. Das vorliegende Papier liefert keine einzige Begründung, womit ein um ein Vielfaches höherer Grenzwert von 100 Mikrotesla begründet werden könnte. Unter Vorsorgegesichtspunkten erscheint dieses Vorgehen bedenklich.] 1995 wurde dieser Grenzwert von der Bundesregierung in einer Verordnung über elektromagnetische Felder innerhalb des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImschG) beschlossen.

Soweit die Stellungnahme des Bundesamtes für Strahlenschutzes, zu der sich noch vieles anmerken ließe.

Bei ihrer Bewertung ist nicht nur die Frage bemerkenswert, über was geschrieben wurde, sondern auch, über was nicht berichtet wurde. Beispielhaft seien die tierexperimentellen Untersuchen von Prof. Löscher und Dr. Mevissen von der Universität Hannover erwähnt, die international sicherlich ebensoviel Beachtung gefunden haben wie die epidemiologische Studie von Prof. Michaelis und Mitarbeitern. Löscher und Mevissen ermittelten eine Dosis-Wirkungsbeziehung des krebsfördernden Effektes von niederfrequenten elektromagnetischen Feldern bei Flußdichten zwischen 1 und 100 Mikrotesla. Je höher die gewählte Bestrahlungsstärke, um so häufiger trat bei mit einem chemischen Krebsauslöser (DMBA) behandelten Ratten innerhalb des Beobachtungszeitraums Brustkrebs auf.

Es ist vernünftig, darauf hinzuwirken, daß das gesundheitliche Risiko durch EMF in der Bevölkerung nicht überbewertet wird. Die hier demonstrierte Art, mit den Sorgen der Menschen umzugehen, ist allerdings nicht geeignet, Mißtrauen gegenüber offiziellen Stellungnahmen und Grenzwertkonzepten abzubauen.

Anmerkungen: Franjo Grotenhermen,
Redaktion Elektrosmog-Report
 
 
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Veranstaltungsbericht

Presseseminar Elektrosmog der Forschungsgemeinschaft Funk e. V. (FGF)

Die FGF veranstaltete am 9. Dezember 1996 in Bonn ein Presseseminar, zu dem etwa 30 Journalisten erschienen.

Gerd Friedrich, FGF-Geschäftsführer, eröffnete das Seminar mit einer Rede über Ziele und Grenzen der Forschungsgemeinschaft Funk.

Der mit Spannung erwartete Vortrag "Einführung: Elektrosmog - Biologische Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder" von Prof. Dr. Norbert Leitgeb, Technische Universität Graz, war eine herbe Enttäuschung. Leitgeb, anerkannter EMF-Forscher mit zahlreichen Veröffentlichungen und Autor eines der umfassendsten EMF-Bücher ("Strahlen, Wellen, Felder", dtv-Taschenbuch), brachte keine aktuellen Forschungsergebnisse. Der Vortrag begann mit physikalisch fragwürdigen Analogien, die der Veranschaulichung des großen Frequenzbereiches elektromagnetischer Wellen dienen sollten, die aber im Verlauf des weiteren Vortrags vor allem dazu herangezogen wurden, bei den Journalisten den Eindruck der Harmlosigkeit von HF-Strahlung zu hinterlassen.

Unwissenschaftlich und politisch brisant wurde es, als Leitgeb die HF-Abstrahlungen eines Handies mit der körpereigenen HF-Strahlung verglich. Hochfrequente elektromagnetische Strahlung sei dem menschlichen Körper nichts fremdes, der Körper selbst produziere selbst große Mengen (ca. 100 W) HF-Strahlung und damit erheblich mehr als ein Handy. Bilder zeigten eindrucksvoll die HF-Emissionen des Menschen an verschiedenen Körperstellen. Erst auf mehrfache Nachfrage aufgebrachter Wissenschaftler hin mußte Leitgeb zugeben, daß sich Aussagen und Bilder auf nichts anderes als Wärmestrahlung bezogen, die natürlich jeder Mensch, aber auch jede Tischplatte oder das Straßenpflaster abgeben. Leitgeb sagte dann, es sei auch Strahlung im Mikrowellenbereich nachgewiesen worden, konnte aber trotz wiederholter Nachfrage keinerlei Zahlen zur Intensität dieser Strahlung nennen.

Laut Leitgeb ist die im Kopf absorbierte Strahlung von Handies (30 bis 80 % der emittierten Leistung) zu gering, um durch thermische Wirkung biologische Effekte hervorzurufen. Wenn es dennoch biologische Effekte geben sollte, so wären diese athermischer Natur und könnten nur durch Resonanzphänomene verursacht werden. Leitgeb zeigte ausführlich, wie in Zellexperimenten mit periodisch gepulsten Signalen deutlich zu sehende biologische Reaktion auftreten können, die jedoch verschwinden, wenn man von dem periodischen zu einem statistisch schwankenden Signal, d. h. einem Signal mit schwankender Amplitude und nicht mehr erkennbarer Periodizität, übergeht.

Aus diesen bekannten und reproduzierten Experimenten zog Leitgeb gewagte Schlüsse in Bezug auf das gesundheitliche Risiko von Handies. Laut Leitgeb sieht eine typische Handybenutzung so aus, daß sich der Benutzer während des Gesprächs bewegt, hierdurch schwankende Empfangsbedingungen verursacht, die eine Leistungsnachregelung des Handies auslösen. Durch diesen Effekt und unterschiedliche Positionen des Handies relativ zum Kopf während des Telefonierens sei der Kopf keinem periodischen HF-Signal, sondern einem statistisch schwankenden HF-Signal ausgesetzt. Demzufolge seien keine Resonanzeffekte und damit überhaupt keine biologischen Effekte zu erwarten. Biologische Effekte seien immer erst nach periodischer HF-Bestrahlung mit einer Mindesteinwirkzeit von mehreren Minuten beobachtet worden. Innerhalb dieser Zeitspannen sei ein Handysignal aber nie stabil.

Leitgeb ignoriert bei seiner Argumentation, daß hierbei - wenn überhaupt - lediglich die Amplitude des Signals schwankt, die Periodizität des Signals (Pulsungsfrequenz) aber voll erhalten bleibt!

Als dritter Referent sprach Priv. Doz. Dr. Rainer Meyer (Universität Bonn) über "Biologische Grundlagen: Wie wirken elektromagnetische Felder auf die Umwelt?". Meyer beschrieb ausführlich das Prinzip der Studien von Löscher und Mevissen und stellte die aktuellen Ergebnisse vor (vgl. Elektrosmog-Report 2(11), S. 5-6, 1996). Da aber bisher keine dieser oder ähnlicher Arbeiten von anderen Gruppen reproduziert worden seien, sei die Schädlichkeit der Magnetfelder eben noch nicht nachgewiesen.

Meyer berichtete dann umfassend über zellbiologische Experimente, die u. a. von seiner Arbeitsgruppe am physiologischen Institut der Universität Bonn durchgeführt werden, wo im Anschluß an das Presseseminar die Möglichkeit einer Besichtigung bestand. Dabei wird nach athermischen Wirkungen von Hochfrequenzstrahlung auf Zellkulturen gesucht.

Als nächster Referent berichtete Priv. Doz. Dr. Johann Spittler, Uni-Klinik Bochum-Langendreer, aus der ärztlichen Praxis: "Ist Elektrosmog gesundheitsschädlich". Er zeigte u. a. die Ergebnisse interessanter Versuche zu EEG-Veränderungen unter dem Einfluß von Mobiltelefonfrequenzen. Aus der bisherigen Analyse der EEG-Daten sei kein statistisch signifikanter Effekt nachzuweisen, obwohl für den Betrachter der Ergebnisdiagramme der Eindruck entstand, daß unter HF-Einfluß die EEG-Aktivität unterhalb von 10 Hz erniedrigt und oberhalb von 10 Hz erhöht sei. Eine nähere Analyse der Daten könnte interessant sein. Spittler ist bereit, seine Daten hierfür zu Verfügung zu stellen.

Als letzter Referent sprach Prof. Dr. W. Irnich, Klinikum der Justus-Liebig-Universität Gießen, über "Ärztliche Praxis: Sind Herzschrittmacherträger gefährdet?". Irnich stellte ausführlich dar, wie eine Beeinflussung verschiedener Schrittmachermodelle durch elektromagnetische Felder möglich ist. Laut Irnich sind theoretisch Störungen von Herzschrittmachern durch leistungsstarke Rundfunksender in vergleichsweise großen Abständen möglich: Langwelle 600 m, Mittelwelle 1.500 m und Kurzwelle 10 km. Bisher seien aber entsprechende Störungen nicht beobachtet worden.

Irnich stellte die wichtigsten Ergebnisse von eigenen Untersuchungen zur Störanfälligkeit von Herzschrittmachern durch Handies vor. Problematisch seien vor allem Frequenzen, die mit der Herzfrequenz verwechselt werden können. Der Herzschrittmacher nimmt dann irrtümlicherweise an, das Herz hätte geschlagen und gibt keinen Impuls ab.

Solche Frequenzen treten bei D- und E-Netz Handies auf. Zum einen beim Gesprächsaufbau (2 Hz) und zum anderen bei neueren Handies mit DTX (= discontinous transmisson; während der Benutzer schweigt, wird, um Strom zu sparen, nur noch im 2-Hz-Takt ein Signal übertragen).

Insgesamt kommt Irnich zum Ergebnis: C- und D-Netz-Handies können (theoretisch) bis zu 27 % der Herzschrittmacher beeinflussen. Bei E-Netz-Handies seien keine Probleme aufgetreten. Bei D-Netz-Handies mit 2 W empfiehlt Irnich einen Abstand von 25 cm zum Implantat, bei 8-W-Portables einen Abstand von 50 cm. Zum Schutz vor Störungen des Herzschrittmachers genügt es laut Irnich, das Handy nicht in der Brusttasche zu tragen.

Peter Nießen und Michael Karus,
Redaktion Elektrosmog-Report
 

Termine

11. März 1997, Bad Nauheim

Niederfrequente Elektrische und Magnetische Felder im Hinblick auf die neue Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.

Information und Anmeldung: FH Gießen-Friedberg, FB Elektrotechnik II, Prof. Dr.- Ing. R. Dib, Tel. und Fax: (06031) 63577

20.-21. März 1997, Düsseldorf

2. Euroforum-Fachkonferenz: Elektromagnetische Umweltverträglichkeit - Was bringt die neue "Elektrosmogverordnung"?

Information und Anmeldung: EUROFORUM, Frau B. Jantzen und Frau C. Sander, Tel.: (0211) 9686-523 


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