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Das Online-Magazin
des DATADIWAN
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Ausgabe Nr. 2 / November 1998 - ISSN 1435-1560
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Autor: | Dr. Marianne Heger | |
Keywords: | Methodologie, Methodology, monophasische prospektive Einzelfallstudie, single-case studies, Wirksamkeitsnachweis, Naturheilkunde, Naturopathy, unkonventionelle Therapierichtungen, randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudie, Homöopathie, Komplementärmedizin, Alternativmedizin, randomisierte kontrollierte Studie, Outcomes-Forschung, prospektive Beobachtungsstudie, IIPCOS | |
Abstract: | Der Artikel basiert auf einem Vortrag, der auf dem Kreativsymposium in Rosenfeld gehalten wurde. Der Artikel beschäftigt sich mit einem neuen Ansatz der Evaluation der Wirksamkeit homöopathischer Mittel; Stichwort "Outcomes"-Forschung. | |
Copyright: | Patienteninformation für Naturheilkunde e.V., Berlin 1998 | |
Individualität
der Behandlung in der Homöopathie
In der Homöopathie gibt es zudem weitere Besonderheiten, die dem
"Gold-Standard" der randomisierten kontrollierten Studie schwer unterzuordnen
sind. Ein Hauptproblem besteht darin, daß komplementäre Therapieverfahren
wie die Homöopathie in der Regel auf eine individuelle Behandlung
des Patienten abzielen und die Behandlung oft aus einer Vielzahl von Maßnahmen
besteht [Anthony 1993]. So ist eine randomisierte Zuteilung zur Behandlung
und eine Verblindung des Patienten und Arztes hinsichtlich der erhaltenen
Therapiemaßnahmen vielfach nicht möglich, da z. B. physikalische
Maßnahmen, Patientenberatungs und/oder -Trainingsmaßnahmen
in das Behandlungskonzept miteinfließen. Ein weiteres Problem ist
die homöopathische Arzneimittelwahl nach dem Simile-Prinzip unter
doppelblinden Bedingungen. Selbst wenn nur die Patienten in die klinische
Studie eingeschlossen werden, deren individuelle Symptome eindeutig einem
homöopathischen Arzneimittel zugeordnet werden können, der homöopathische
Arzt die Sicherheit seiner Verordnung anhand einer Ratingskala einschätzt
und dies durch mehrere erfahrene Kollegen bestätigen läßt,
bleibt das Problem der Folgeverordnung. Bei einer Folgeverordnung weiß
der Arzt nämlich nicht, ob es sich bei den Symptomen, die der Patient
präsentiert, um eine Reaktion auf die Arzneimittelgabe handelt oder
um neue bzw. alte Symptome, die unabhängig von der Therapie aufgetreten
sind, da Placebo verabreicht wurde. Eine korrekte Arzneimittelwahl auf
der Basis der vorliegenden Symptome ist daher nicht möglich, auch
nicht für Patienten in der Verum-Gruppe. Erschwerend kommt hinzu,
daß bei der individuellen homöopathischen Behandlung auch die
Erfahrung des Arztes als Variable miteingeht.
Aus der aktuellen Methodendiskussion im Bereich der konventionellen, aber auch der komplementär- und alternativmedizinischen Forschung wird deutlich, daß die randomisierte kontrollierte Studie zwar als Standard für den Wirksamkeitsnachweis einer Behandlung gilt, daß sie aber nicht immer eingesetzt werden kann. Eine amerikanische Erhebung zeigt beispielsweise, daß nur bei 10–20 % der konventionellen Therapieverfahren die Wirksamkeit durch randomisierte kontrollierte Studien nachgewiesen ist [US Congress 1994]. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die randomisierte kontrollierte Studie generell durch ein anderes Design ersetzt werden soll, sondern daß je nach Fragestellung andere Forschungsmethoden zum Einsatz kommen müssen [Linde et al. 1997]. Es werden daher verstärkt Forschungsansätze gefordert, die die Heterogenität der täglichen Praxis berücksichtigen und eine individuelle Behandlung unter Einbeziehung des Patienten ermöglichen [Hornung 1996, Black 1997].
Die Frage ist also nicht, ob der "Gold-Standard" der randomisierten kontrollierten Studie für die Forschung in der Homöopathie geeignet ist, sondern welcher Forschungsansatz die zu untersuchende Fragestellung am besten beantworten kann. Das folgende Beispiel soll dies verdeutlichen. Eine randomisierte kontrollierte Studie kann zum Einsatz kommen, wenn die Wirksamkeit eines homöopathischen Arzneimittels, z. B. Galphimia glauca bei akuter Pollinosis, nachgewiesen werden soll. Da ein solcher Forschungsansatz – wie in der konventionellen Medizin – vom klinischen Krankheitsbegriff ausgeht, und keine individuelle homöopathische Behandlung erfolgt, sind die Probleme, die bei der Planung und Durchführung einer solchen Studie auftreten, grundsätzlich denen in der konventionellen Forschung vergleichbar. Bei klinischen Untersuchungen zur individuellen homöopathischen Therapie geht es dagegen um den Wirksamkeitsnachweis der Homöopathie an sich. Die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, z. B. welchen Langzeiterfolg bringt die homöopathische Behandlung dem Patienten, oder welchen Beitrag leistet die Homöopathie zur Gesundheitsversorgung der Patienten, lassen sich jedoch nicht durch randomisierte kontrollierte Studien beantworten.
Der "Outcomes"-Forschungsansatz
Welche Forschungsansätze sind nun für die Beurteilung von
komplementär- und alternativmedizinischen Therapieverfahren geeignet,
die wie die Homöopathie eine Vielzahl von miteinander in Wechselwirkung
stehenden Komponenten umfassen und zudem für jeden einzelnen Patienten
individuell zugeschnitten sind? Bland und Mitarbeiter [1995] geben dazu
folgende Antwort: "... für die Pilot-Studie wurde diese Methodik ausgewählt,
da aus zahlreichen Mitteilungen darauf geschlossen werden kann, daß
die placebokontrollierte Studie nicht in dem Maß zur Untersuchung
der vielfältigen komplexen Gesundheitsstörungen, die einer multifaktoriellen
Behandlung bedürfen, geeignet ist, wie eine Studie, bei der der Schwerpunkt
auf dem "Outcome" von seiten der Patienten liegt." Greenfield [1989] merkt
an, daß offene Langzeit-Beobachtungsstudien eine vernünftige
Alternative darstellen, und daß aus ökonomischer Sicht nicht
für jedes verwendete Therapieverfahren randomisierte kontrollierte
Studien durchgeführt werden können. Auch Linde und Mitarbeiter
[1997] stellen im Rahmen ihrer Metanalyse die Notwendigkeit von weiteren
randomisierten, kontrollierten Studien zur Homöopathie in Frage und
weisen darauf hin, daß es weitaus wichtiger wäre, anhand prospektiver
Beobachtungsstudien zu untersuchen, welchen Beitrag die Homöopathie
zur Gesundheitsversorgung der Patienten leistet. Mit der Durchführung
von prospektiven Beobachtungsstudien etabliert sich damit eine Möglichkeit,
den Einschränkungen von randomisierten kontrollierten Studien zu begegnen
[Epstein et al. 1996]. Eine prospektive Beobachtungsstudie kann am Einzelfall
orientiert sein oder ein Kollektiv von Patienten untersuchen. Der große
Vorteil einer prospektiven Beobachtungsstudie ist, daß sie praxisrelevante
Daten liefert, d. h. eine hohe externe Validität besitzt [Rapier 1996].
Die interne Validität ist dagegen gering, d. h. alle Vorteile einer
randomisierten kontrollierten Studie sind hier als Nachteil aufzuzählen.
Ein Begriff, der in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist, ist der sogenannte "Outcomes"-Forschungsansatz, der in neuester Zeit entstanden ist, und immer häufiger zum Einsatz kommt [Guadagnoli et al. 1994, Rapier 1996]. Er entwickelte sich ursprünglich aus dem Interesse an einem besseren Verständnis der großen Unterschiede in der medizinischen Praxis und den dort erzielten Behandlungsergebnissen. Dazu wurden zuerst umfassende Analysen großer Datenmengen aus Krankenunterlagen verwendet. Später wurden prospektive Untersuchungen zur Klärung der Frage einbezogen, wie Patienten auf Therapieverfahren im Rahmen der Alltagspraxis ansprechen, in der sie nicht den in randomisierten klinischen Studien üblichen Einschränkungen unterliegen. Das Hauptaugenmerk einer solchen Outcomes-Studie liegt dabei auf der Wirksamkeit der in der täglichen Praxis angewendeten Therapieverfahren aus der Sicht des Patienten. Outcomes-Kriterien können beispielweise sein: (1) Verbesserung der Lebensqualität, bestimmt durch Erfassung der krankheitsübergreifenden gesundheitsbezogenen Lebensqualität und/oder der krankheitsspezifischen Lebensqualität, (2) Präferenz der Patienten für eine bestimmte Behandlung, (3) Zufriedenheit der Patienten mit der Behandlung usw. [Rapier 1996]. Meist werden auch pharmakoökonomische Parameter, z. B. direkte und/oder indirekte Kosten, miterfaßt, um Daten über den Kosten-Nutzen-Effekt einer Behandlung zu gewinnen. Umgesetzt wurde dieser neue Forschungsansatz in der International Integrative Primary Care Outcomes Study, IIPCOS, einem internationalen Forschungsprojekt zur Wirksamkeit der Homöopathie im Rahmen der ärztlichen Primärversorgung. Das Design und die Ergebnisse dieser Studie wurden bereits an anderer Stelle vorgestellt [Heger 1998, Riley 1998].
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