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Das Online-Magazin
des DATADIWAN
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Ausgabe Nr. 2 / November 1998 - ISSN 1435-1560
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Methoden der Wirksamkeitsbeurteilung
am einzelnen Patienten
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Autor: |
Dr. Helmut Kiene, Tido von Schön-Angerer |
Keywords: |
Methodologie, Methodology, monophasische prospektive Einzelfallstudie,
single-case studies, Wirksamkeitsnachweis, Naturheilkunde, Naturopathy,
unkonventionelle Therapierichtungen, randomisierte placebokontrollierte
Doppelblindstudie, anthroposophische Medizin, Kausalerkennen, Korrespondenz |
Abstract: |
Untersuchung der Möglichkeiten, wie sich ein therapeutischer
Kausalzusammenhang am Einzelfall erkennen läßt. |
Copyright: |
Patienteninformation für Naturheilkunde
e.V., Berlin 1998 |
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Symposium Rosenfeld
Die Schlüsselfrage
Bei jeder therapeutischen Maßnahme - sei es auf physikalischem,
biologischem, psychischem oder geistigem Wege - soll eine gesundende, heilende,
lindernde oder vorbeugende Wirkung erreicht werden, jedenfalls eine
therapeutische Wirkung. Die Therapiemaßnahme soll dabei ein ursächlicher
Faktor sein; andernfalls wäre die Maßnahme überflüssig.
Aus diesem Grunde ist die allgemeine methodologische Frage zur Therapiebeurteilung:
Wie läßt sich ein therapeutischer Ursache-Wirkung-Zusammenhang
- ein therapeutischer Kausalzusammenhang - sicher erkennen?
Für die anthroposophische Medizin ist diese Frage noch etwas spezieller
zu formulieren, denn hier wird ausdrücklich der individuelle Menschen
in den Mittelpunkt gestellt. Gerhard Kienle hat sogar, über die anthroposophische
Medizin hinaus, die Frage der individuellen Erkenntnis zur Schicksalsfrage
der Medizin überhaupt erhoben: "Fortschritt und Untergang der Medizin
entscheiden sich an der mit der Wirklichkeit in Einklang stehenden Beantwortung
der weltumspannenden Schicksalsfrage, wie in der Medizin und im sozialen
Raum Erkenntnis - und zwar eine die Individualität des Menschen umfassende
Erkenntnis - möglich und wirksam ist."[8]
Die methodologische Schlüsselfrage für die anthroposophische
Medizin lautet deshalb: Wie läßt sich ein therapeutischer Kausalzusammenhang
am Einzelfall erkennen? Wie läßt sich die Wirksamkeit einer
Behandlung am einzelnen Patienten beurteilen?
Die Dogmatik
Schon das bloße Formulieren dieser Frage ist angesichts der herrschenden
Methodenlehre der klinischen Forschung ein Sakrileg. Stellvertretend für
viele andere Stimmen sei hier ein Vertreter des Medizinischen Dienst genannt:
"Die Frage, ob ein Mittel wirksam ist oder nicht, läßt sich
grundsätzlich nicht durch einzelne Beobachtungen entscheiden. ...
Unverzichtbar sind kontrollierte Doppelblindstudien an hinreichend großen
Patientengruppen...."[23] In einem sogenannten Positionspapier zur Wirksamkeitsbewertung
der Komplementärmedizin wird sogar generell behauptet: "Kausalität
jedoch kann nur nachgewiesen werden, wenn, unabhängig vom Objekt der
Untersuchung, einige formale Voraussetzungen erfüllt sind. Zu nennen
ist dabei ... z.B... eine lege artis durchgeführte Randomisierung."[3]
Es stellt sich die Frage: Warum soll eigentlich eine Wirksamkeitsbeurteilung
am Einzelfall nicht möglich sein? - Es sind vor allem drei Argumente,
die dagegen vorgebracht werden.
-
Das Placeboargument: Wenn es in hohem Prozentsatz Placeboeffekte
gibt, dann kann man beim einzelnen Therapieerfolg nicht wissen, ob er das
Ergebnis der spezifischen Therapiebemühung, oder ein bloßer
Placeboeffekt ist.
-
Das Verallgemeinerungsargument: Oft wird argumentiert, man könne
aus Beobachtungen an einzelnen Patienten nichts für künftige
Patienten ableiten ("Beobachtungen bei einem Patienten bedeuten nichts
für künftige."[22]).
-
Das erkenntnistheoretische Argument: Das schwerwiegendste und interessanteste
Argument ist das erkenntnistheoretische Argument. Es besagt, daß
ein Kausalzusammenhang nur anhand einer großen Anzahl von Beobachtungen
festgestellt werden könne. Das Argument geht auf David Hume zurück,
der im 18. Jahrhundert die These glaubhaft machte, daß ein Zusammenhang
von Ursache und Wirkung nur durch eine große Anzahl von Beobachtungen
möglich sei: "Ein einzelner dieser Fälle", sagte Hume, "kann
diese Vorstellung [von Ursache und Wirkung] nie eingeben".[6]
Jedes dieser drei Argumente ist allerdings im Grundsatz falsch. Das Placeboargument
ist durch Gunver Kienles Analysen [13,14] der Placeboliteratur hinfällig.
Das Verallgemeinerungsargument übersieht, daß dieselbe
Argumention auch für Studienkollektive gilt; denn auch ein Patientenkollektiv,
an dem eine statistische Wirksamkeitsprüfung durchgeführt wird,
ist ein einzelnes Kollektiv, und aus einem solchen einzelnen
Kollektiv kann man genausowenig und genausoviel für künftige
Kollektive ableiten, wie man von einzelnen Patienten für künftige
Patienten folgern kann. Schließlich ist auch Humes erkenntnistheoretisches
Argument nicht haltbar. An diesem Argument hat sich ja immerhin schon
Kants Erkenntniskritik entzündet, und fast die gesamte empiristische
Erkenntnisdiskussion bis zur Gegenwart ist diesem Argument entsprungen.
Kaum beachtet wurde aber, daß Humes Auffassung radikal falsch war.
Hierauf wird im weiteren noch näher eingegangen, denn Humes irrtümliche
Einschätzung des Kausalitäts-themas ist für die Methodologie
der Wirksamkeitsbeurteilung von kaum zu überschätzender Bedeutung.
Betrachtet man also zusammenfassend, was aus Sicht der heutigen Methodologie
gegen die Tragfähigkeit von Wirksamkeitsbeurteilungen am Einzelfall
spricht, so findet man nicht fundierte Argumente, sondern Fehlschlüsse
und Dogmatik.
Die
Methodologie des Kausalerkennens
Wie läßt sich ein Ursache-Wirkung-Zusammenhang erkennen?
- Zur Beantwortung dieser Frage kann man sich auf die eigene und persönliche
Ur-Erfahrung von Verursachung (von Kausalität) zurückbesinnen.
Für den bewußten einzelnen Menschen besteht diese Ur-Erfahrung
darin, daß er ein Handlungsmotiv hat, und daß er entsprechend
dieses Motivs eine Handlung durchführt. Wenn dies gelingt, dann kann
er sicher wissen, daß er selbst der Verursacher der Handlung ist.
Das eigene Handeln des Wissenschaftlers ist ein vorherrschender
Charakterzug der neuzeitlichen Naturwissenschaft, zumindest seit Francis
Bacon im 17. Jahrhundert. Bacon hat das Experimentieren als tragendes
Prinzip der Wissenschaft propagiert. [1] Bacons Auffassung war, daß
nicht nur Beobachten und Denken, sondern auch Tun und Machen die Grundlage
für die Wissenschaft sein sollten, sprich: das Experimentieren. Beim
Experiment ist ja der Wissenschaftler nicht passiv wie beim bloß
wahrnehmenden Beobachten, vielmehr greift er willentlich und aktiv und
gezielt in die Natur ein. Er unterbricht den natürlichen Gang der
Dinge durch seine eigene Aktivität, und diese seine eigene Aktivität
wird zu einem aus ihm selbst hervorgehenden Ursprungsmoment: zu einer Ursache.
Mithin ist das Experimentieren, und zwar vor allem die daran beteiligte
Eigenaktivität des Wissenschaftlers, das unausgesprochene Zentralprinzip
aller neuzeitlichen Methodologie des Kausalerkennens. Ehe nun allerdings
aus diesem Baconschen Zentralprinzip die heute dominierende Methodologie
des Kausalerkennens entstehen konnte, mußten noch Ergänzungen
hinzukommen. Diese Ergänzungen wurden bereits im vorangegangenen Aufsatz
erwähnt, seien aber wegen ihrer Bedeutung nochmal hervorgehoben: Das
erste war (im 18. Jahrhundert) die bereits genannte Auffassung David Humes,
daß Kausalzusammenhänge nur anhand einer großen
Anzahl von Beobachtungen erfaßt werden könnten. [6] Das zweite
war (im 19. Jahrhundert) John Stewart Mills Überzeugung, daß
Kausalzusammenhänge nur mittels der Differenzmethode sicher
festgestellt werden könnten. [19] Dabei wird ein Objekt (bzw. eine
Gruppe) mit einem Einflußfaktor behandelt, wogegen ein vergleichbares
Objekt (bzw. Gruppe) nicht so behandelt wird; wenn sich dann ein
unterschiedliches Ergebnis einstellt, so kann dieses Ergebnis ursächlich
auf die Differenz der Behandlung zurückgeführt werden. Das dritte
war (im 20. Jahrhundert) Ronald Fishers Überzeugung, daß Gruppen
nur dann wirklich vergleichbar seien, wenn ihnen die Objekte (z.B. Patienten
mit einer bestimmten zu behandelnden Krankheit) durch eine Zufallszuteilung
zugeordnet werden, also durch eine sogenannte Randomisation. [4] Nach Fisher
enthält erst das statistisch auswertbare Experiment - das randomisierte
Experiment - die allgemeinen Prinzipien des Experimentierens ("the principles
which are common to all experimentation" [4]). Nach Fisher ist jedes Experiment,
wenn es nur sorgfältig und vollständig durchgeführt wird,
ein statistisches Experiment.
Alle diese Ergänzungen sind aber im Kern falsch. Es gibt vielfältige
Möglichkeiten des Kausalerkennens, die auf Humes Prinzip der großen
Zahl und auf Mills Prinzip der Differenzmethode vollständig verzichten
können, von der Fisherschen Randomisation ganz zu schweigen. Im Alltag
kennen wir andere Möglichkeiten des Kausalerkennens, nämlich
Methoden des Kausalerkennens am Einzelfall. Mit ihnen hat man insbesondere
bei allen Arten von Abbildungen zu tun, am eindrucksvollsten vielleicht
bei der Fotografie. Wer auch nur ein einziges Mal eine Übereinstimmung
zwischen einem Original und einem fotografischen Abbild sieht, kann - wegen
des Abbildcharakters - die Gewißheit haben, daß der Vorgang
der fotografischen Abbildung ein kausaler Prozess ist. Auch aus der Arbeit
an Computerbildschirmen sind uns heute überzeugende Beispiele vertraut.
So hat man bereits beim erstenmal, wenn man durch kreisendes Bewegen einer
Computermaus eine ebenfalls kreisförmige Cursorbewegung erzeugt, sofort
die Gewißheit, daß hier ein kausaler Zusammenhang besteht.
Warum hat man diese Gewißheit? - Aus folgenden zwei Gründen:
Zum einen ist der Abbildcharakter ebenso ein Hinweis auf eine zugrundeliegende
Kausalität wie es die überzufällige Häufigkeitskorrelation
bei der statistischen Methode ist. Zum zweiten wird (wie bei der statistisch-experimentellen
Methode) dieser Hinweis zu einer Gewißheit durch eigenaktives Produzieren,
d.h. wenn man selbst den Abbildungsprozess veranlaßt. Diese
Gewißheit erhält man auch, wenn das zugrundeliegende Kausalprinzip
(d.h. in dem Computerbeispiel: der Schaltweg der Hard- und Software) unbekannt
bleibt.
Festzuhalten ist deshalb, daß man als Methodik des Kausalerkennens
nicht nur die statistische Korrelation und das statistische Experiment
hat, sondern auch die abbildende Korrespondenz und das abbildende
Experiment.
Abbildende
Korrespondenz und abbildendes Experiment
Erkennbare Abbildungsbezüge gibt es in unterschiedlichster Form.
Es gibt einen direkten Abdruck wie z.B. beim Stempeln oder beim Fingerabdruck.
Es gibt projektive Abbildungen wie z.B. bei der zweidimensionalen fotografischen
Abbildung eines dreidimensionalen Originals. Es kann, wie z.B. auf einer
Sonnenuhr, Zeitliches in Räumliches abgebildet werden. Es kann auch
umgekehrt, wie z.B. im Zahnwerk einer mechanischen Uhr, Räumliches
in Zeitliches abgebildet werden. Und so weiter.
Wissenschaftsgeschichtlich gesehen ist eine wichtige Form der Abbildung
die proportionale Größenabbildung. Sie ist es, wovon
die quantitativen Naturgesetze wie das Gravitationsgesetz, das Gasgesetz
usw. handeln. Wenn man z.B. ein Gas erwärmt und zugleich die Gasmasse
und das Gasvolumen konstant hält, dann steigt der Druck des Gases,
und zwar direkt proportional zum Ausmaß der Erwärmung. Es bildet
sich also die Größe der Temperaturzunahme direkt proportional
in der Größe der Druckzunahme ab.
Natürlich gibt es auch kompliziertere (indirekte, logarithmische,
potenzierte, differentielle usw.) Proportionenen der Größenabbildung.
Doch gleichgültig wie eine Abbildung beschaffen ist (ob quantitativ-proportional,
qualitativ, strukturell oder gestalthaft), immer ist das Entdecken eines
Abbildungsverhältnisses für einen Wissenschaftler eindrucksvoll.
Und jedesmal, wenn ein Wissenschaftler selbstproduzierte oder selbstveranlaßte
Abbildungen als solche erkennt, kann er sicher sein, daß ein
Ursache-Wirkung-Zusammenhang zugrundeliegt. Dabei ist folgendes, methodisch
gesehen, von großer Wichtigkeit: Der Wissenschaftler kann das Vorliegen
eines Ursache-Wirkung-Zusammenhangs mit einer sehr viel geringeren Anzahl
von Einzelbeobachtungen erkennen als im Falle von Korrelationen. Ja, es
kann unter günstigen Umständen ein einziger Fall genügen.
Abbildungsorientierte Formen des Kausalerkennens wurden von Karl Duncker
1935 [2] vor dem Hintergrund der Gestaltpsychologie erstmal vorgestellt,
und dann ab den 40er Jahren von Albert Michotte [17,18] weiter erforscht.
Michotte jedoch glaubte, daß dieses "Kausalwahrnehmen", diese "phänomenale
Kausalität", auf einfache mechanische Zusammenhänge beschränkt
sei. In Wirklichkeit aber handelt es sich um eine universale Methode des
Kausalerkennens.
Wichtig ist bei alledem: Während die Methode des statistischen
Experiments für einen Kausalnachweis ein ganzes Kollektiv von
Untersuchungsobjekten erfordert, benötigt die abbildungsbezogene Erkenntnismethode
im Ideal nur einen einzigen Fall.
Einfache klinische
Beispiele
Kausalerkennen am Einzelfall ist auch bei ärztlicher Behandlung
und bei der Therapiebeurteilung möglich. Ein erstes und wichtiges
Element ist dabei die zeitliche Korrespondenz von Behandlung und Behandlungserfolg,
wenn nämlich in nächster zeitlicher Folge der Behandlung es zu
einer Besserung des Krankheitsverlaufs kommt. Verläßt man sich
nun aber allein auf diese zeitliche Korrespondenz, so kann sie zur Quelle
vielfältiger Fehlurteile und Irrtümer werden. Kurz gesagt, besteht
die Schwierigkeit in folgendem: Von einem post hoc darf man nicht
auf ein propter hoc, von einer einfachen zeitlichen darf
man nicht auf eine kausale Korrespondenz schließen.
Nichtsdestoweniger kann die zeitliche Korrespondenz ein wichtiges Element
der Therapiebeurteilung sein, insofern sie eine höchst einfache und
rudimentäre Form eines Abbildungsverhältnisses ist: Es bildet
sich hierbei der Zeitpunkt der Behandlung (oder des Behandlungsbeginns)
auf den Zeitpunkt der Besserung (oder des Besserungsbeginns) oder auf den
unmittelbar danach gelegenen Zeitraum ab.
Die Frage ist nun, wie dieses einfache und als solches ungenügende
Element der zeitlichen Korrespondenz durch zusätzliche weitere Elemente
ergänzt werden, und wie man auf diese Weise schließlich eine
Methode der gesättigten und sicheren ärztlichen Wirksamkeitsbeurteilung
finden kann. Von den verschiedensten denkbaren Varianten seien im folgenden
einige genannt.
Korrespondenz
von Zeitmustern
Eine erste Art eines klinisch relevanten Abbildungsverhältnisses
ist die Korrespondenz von Zeitmustern. Diese Korrespondenz kann
immer dann zum Einsatz gebracht werden, wenn die Therapien eine unmittelbar
und kurzfristig eintretende Wirkung haben, d.h. wenn die Symptome unter
Behandlung sogleich verschwinden, aber bei Unterbrechung der Behandlung
sogleich wieder auftreten. Hier ergibt sich eine Korrespondenz zwischen
dem Zeitmuster der Behandlung und dem Zeitmuster des Symptomverlaufs.
Diese Korrespondenz von Zeitmustern liegt den konventionellen Einzelfallstudien
(Single case study) zugrunde [5,13]. Die Auswertung dieser single case
studies erfolgt in den meisten Fällen durch visuelle Analyse von übereinandergelegten
graphischen Darstellungen des Behandlungs- und Krankheitsverlaufs, wobei
eben analysiert wird, ob die Behandlungszeitmuster mit den Verlaufszeitmustern
korresponieren. Wenn ja, hat man einen guten Wirksamkeitsbeleg.
Korrespondenz
von Raummustern
Ein anderes Abbildungsmuster ist die Korrespondenz von Raummustern.
Ein Beispiel: Auf einem großflächigen Hautausschlag wird eine
Salbe in einer S-förmigen Linie aufgetragen, worauf der Ausschlag
entlang dieser Linie innerhalb von drei Tagen abheilt. Ein solches Abbildungsverhältnis
ist ein schöner Beweis eines therapeutischen Kausalzusammenhangs.
Korrespondenz
von Dosis und Wirkung
Ein eindrucksvoller Wirkungsnachweis am Einzelfall ist das Auftreten
einer Dosis-Wirkungs-Korrespondenz, einer sogenannten Dosis-Wirkungs-Kurve.
Auch in diesem Falle hat man ein Abbildungsverhältnis. Es bildet sich
die Intensität (die Dosis) des Arzneimittel in der Intensität
der Wirkung ab. Bei nicht wenigen Arzneimitteln wird die Dosis entsprechend
der Reaktionen am Patienten eingestellt, z.B. bei Insulinbehandlung, Hochdrucktherapien,
Schmerztherapien verschiedenen psychiatrischen Therapien usw.
Morphologische
Korrespondenz
Es gibt verschiedenste Formen von morphologischen Korrespondenzen.
Ein Beispiel aus der Laserakupunktur [24]: Bei einem Patienten wurde der
Laserstab nacheinander an drei hintereinanderliegende Akupunkturpunkten
an seinem Hinterhaupt gebracht. Beim Berühren des vordersten dieser
drei Punkte gab der Patient ein eigenartiges Gefühl in seinem rechten
Arm an, beim mittleren Punkt in beiden Armen, beim hinteren Punkt im linken
Arm. Beim Zurückbewegen zum mittleren Punkt kam es wieder zu einem
Gefühl im mittleren Arm, und beim vordersten Punkt wieder im rechten
Arm. - Auch wenn hier freilich kein therapeutischer Effekt demonstriert
wurde, so hat der betreffende Arzt nichtsdestoweniger einen Kausalzusammennag
am Einzelfall beobachtet und dadurch die Gewißheit erhalten, daß
etwas real sei an der Laserakupunktur.
Andere Beispiele einer morphologischen Korrespondenz gibt es bei der
Leitungsanäesthesie oder Lumbalanaesthesie. Hier deckt sich das analgesierte
Areal mit dem morphologischen Ausbreitungsgebiet der behandelten Nerven.
Homöopathische
Korrespondenz
Ein spezielles Korrespondenzverhältnis ist in der Homöopathie
möglich, nämlich zwischen dem sogenannten "Arzneimittelbild"
des betreffenden Homöopathikums und bestimmten Änderungen im
"Symptomenbild" des behandelten Patienten. Ein Beispiel [21]: Ein Patient
mit einem bestimmten Symptomenkomplex wurde mit Nitricum Acidum behandelt.
Nach einer Besserung der Symptome berichtete er dem behandelnden Homöopath
von einem besonderen zusätzlichen Symptom, das er vorher nicht erwähnt
hatte, das nun aber ebenfalls verschwunden sei: Es war ein einseitiger,
linksseitiger Schweißfuß, der ihn seit 35 Jahren belästigt
hatte.
Dieses Symptom ist sicherlich nicht häufig. Deshalb war der Homöopath
zu Recht überrascht, als er im Kent-Reperorium fand, daß genau
dieses Symptom des linksseitigen Schweißfußes mit Nitricum
acidum zu behandeln sei. Wieder hat man es also mit einem Abbildungsverhältnis
zu tun. Es handelte sich sogar um so etwas wie eine Doppelblindstudie am
Einzelfall, denn weder wußte der Patient, daß das Mittel für
seinen linksseitigen Schweißfuß geeignet sein solle, noch wußte
der Arzt, daß der Patient dieses Symptom hatte.
Dialogische
Korrespondenz
Es gibt viele andere Formen von Korrespondenzen, die ein Kausalerkennen
am Einzelfall erlauben, und zwar eben auch in der klinisch-therapeutischen
Forschung. Erwähnt sei hier noch die dialogische Korrespondenz. Sie
ist die Grundlage des Kausalerkennens bei Gesprächen, insbesondere
auch bei belehrenden oder therapeutischen Gesprächen. Es läßt
sich in sehr vielen Fällen anhand der spezifischen Inhalte und Strukturen
der nachfolgenden Antworten, Reaktionen oder spezifisch erlernten Fähigkeiten
eindeutig erkennen, daß und in welchem Maße die Aussagen eines
belehrenden oder therapeutischen Gesprächs beim Adressaten angekommen
und dort als verursachendes (oder veranlassend-verursachendes) Prinzip
wirken. Gesprächstherapien, Psychotherapien, Kreativtherapien und
Kunsttherapien sind eine Domäne dieser Art des Kausalerkennens am
Einzelfall, wogegen hier die herkömmliche Methodologie der randomisierten
oder gar verblindeten Studie fast vollständig versagt.
Wirksamkeitsbeurteilung
in der anthroposophischen Medizin
Alle genannten Formen der Wirksamkeitsbeurteilung und viele andere
können in der anthroposophischen Medizin zum Tragen kommen. [9,10,11]
Hinzu kommt gerade für die anthroposophische Medizin eine sehr allgemeine
Form des therapeutischen Kausalerkennens, die unmittelbar an die menschiche
Ur-Erfahrung von Kausalität anschließt. Wie oben erwähnt,
besteht das primäre Erleben von Kausalität für den einzelnen
wachen Menschen darin, daß er ein Handlungsmotiv hat und daß
er entsprechend diesem Motiv eine Handlung ausführt. Wenn dies gelingt,
weiß er sicher, daß er selbst der Verursacher der Handlung
ist. In diesem Falle hat man also ein Abbildungsverhältnis zwischen
Handlungsmotiv und Handlung.
Strukturierte
therapeutische Idee
Solche Handlungsmotive können auch therapeutische Motive
- therapeutische Ideen - sein. Dabei können in die betreffenden
Handlungen auch therapeutische Werkzeuge einbezogen sein. Um allerdings
den Kausalzusammenhang zwischen Therapiemaßnahme und eintretender
Änderung am Patienten sicher beurteilen zu können, muß
es sich um eine in sich strukturierte therapeutische Idee handeln.
Dies muß genau beachtet werden. Es genügt nicht, wenn man die
Aufmerksamkeit, wie in kontrollierten klinischen Studien meist üblich
und auch notwendig, auf die zeitliche Veränderung eines einzigen Meßparameters
richtet. Man erinnere: In kontrollierten (vergleichenden) Studien ist es
aus Gründen der statistischen Auswertbarkeit nötig, aus dem Gesamtkomplex
einer Erkrankung oder eines Patienten einen einzigen Meßwert
(oder sehr wenige: zwei oder allenfalls drei Meßwerte) herauszugreifen
und zur Grundlage der Therapiebeurteilung zu machen. Der zeitliche Gesamtkomplex
des Krankheitsverlaufs wird dadurch als eindimensionale Linie in einem
Koordinatensystem abgebildet. Beispielsweise wird die Größe
des Meßparameters (z.B. Symptomgröße, Überlebensrate,
e.c.) auf der x-Achse, und die Zeitdauer auf der y-Achse aufgetragen.
Dieser Denkstil - der sich ausschließlich auf solche linearen
Kurvenverläufe stützt - hat gegenwärtig in der klinisch-therapeutischen
Forschung geradezu ein Monopol. Ein solcher Denkstil kann allerdings
nicht das geringste Verständnis für eine Wirksamkeitsbeurteilung
auf der Basis einer therapeutischen Idee aufbringen. Wenn erst einmal der
Krankheitsverlauf zu einer minimalen Realität - zu einer bloßen
Linie (siehe Abbildung) - reduziert ist, dann reduziert sich notwendigerweise
auch das therapeutische Motiv (die therapeutische Idee) auf die positive
Änderung dieses eindimensional gedachten Krankheitsverlaufs. Wenn
man sich diesem Denkstil unterwirft, dann hat man sozusagen schon verloren.
Notwendigerweise bleibt dann, wenn nach therapeutischer Intervention eine
Änderung des linearen Kurvenverlauf folgt, die Frage offen, ob die
Änderung post hoc oder proper hoc stattfindet.
Notwendigerweise ist also unter den Voraussetzungen eines derartigen Denkstils
eine Wirksamkeitsbeurteilung am Einzelfall kaum möglich.
Das Konzept der in sich strukturierten therapeutischen Ideen bietet
allerdings völlig andere Voraussetzungen. Man kann sogar sagen: Je
komplexer die therapeutische Idee ist, desto deutlicher kann erfaßt
werden, ob sie bei der Behandlung verwirklicht wird, und desto sicherer
kann die Wirksamkeit der Behandlung beurteilt werden. Im folgenden werden
hierzu Beispiele genannt.
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Verschiedene
Formen therapeutischer Ideen in der anthroposophischen Medizin
Die anthroposophische Medizin erlaubt, wie wohl keine zweite Therapierichtung,
ein kreatives therapeutisches Eingehen auf die spezielle Krankheitssituation
des individuellen Patienten. Bereits die Diagnostik ist nicht schablonisiert.
Dementsprechend können therapeutische Ideen entwickelt und sodann
auch Wirksamkeitsbeurteilungen vorgenommen werden. Die folgenden drei Beispiele
sollen verschiedene Aspekte dieser Art der Wirksamkeitsbeurteilung verdeutlichen.
1. Eine Patientin leidet langjährig unter
chronischer Sinusitis, Synkopen und unerfülltem Kinderwunsch. Die
konsultierte anthroposophische Ärztin diagnostiziert diese drei Symptome
(bzw. Krankheiten) als Ausdruck einer zugrundeliegenden Störung
des Rhythmischen Systems. [25] Die betreffende komplexe therapeutische
Idee besagte also, daß alle drei (scheinbar vonein-ander unabhängigen)
Symptome zu einer einheitlich zugrundeliegenden Störung gehören,
und daß bei richtiger Behandlung dieser zugrundeliegenden Störung
des Rhythmischen Systems alle drei Symptome verschwinden müßten.
Dementsprechend wird das Rhythmische System medikamentös behandelt.
Da kurz nach Einsetzen der Behandlung alle drei Symptome gleichzeitig
verschwanden (eine Koinzidenz mit sehr geringer Zufallswahrscheinlichkeit),
war die gesamte Situation verifiziert: die Diagnose war korrekt, die Arzneimittelwahl
war richtig, und die Behandlung war mit großer Plausibilität
wirksam.
2. Ein junger Mann mit Kleptomanie ist in einem
anthroposophischen Krankenhaus. Der Arzt stellt fest, daß außer
der Kleptomanie auch noch eine ausgeprägte Interesselosigkeit an den
beobachtbaren Geschehnissen der unmittelbaren Umwelt besteht. [16] Es besteht
also einerseits im Bereich des Sinnessystems (der Wahrnehmungssphäre)
ein pathologisches Zuwenig an Aneigung der Umwelt (= Interesselosigkeit);
andererseits besteht aber im Bereich des Gliedmaßensystems (der Handlungssphäre)
ein pathologisches Zuviel an Aneignung (= Kleptomanie). Der Arzt
verbindet beide Befunde zu der Gesamtdiagnose einer pathologischen Prozessverschiebung.
Was im einen Bereich normal, gesund und wünschenswert wäre (eine
Aneignung der Umgebung), erscheint verschoben in den anderen Bereich und
tritt dort als unnormale und pathologische Erscheinung auf. Die therapeutische
Idee des Arztes ist nun, sich nur sekundär um die Kleptomanie zu kümmern
(also nicht primär z.B. mit Belohnung und Bestrafung oder mit verbalen
Überzeugungsversuchen zu therapieren); stattdessen gilt das primäre
Therpapieziel des Arztes der Interesselosigkeit. Sollte es gelingen, ein
Interesse an der Umgebung zu wecken, dann könnte, so hofft der Arzt,
die Prozessverschiebung rückgängig gemacht und dadurch sekundär
die Kleptomanie behoben werden. - In der Tat gelingt es, durch künstlerische
und medikamentöse Maßnahmen, in dem jungen Mann eine Lebensinteressiertheit
aufzubauen, und tatsächlich folgt dem ein Abklingen der Kleptomanie.
Wieder also hat ein Arzt aufgrund einer (anthroposophisch orientierten)
Diagnose eine komplexe therapeutische Idee entwickelt, und wieder ist diese
komplexe Idee therapeutisch umgesetzt worden. Dieses Beispiel ist methodologisch
sehr interessant; denn was hier die Wirksamkeitsbeurteilung verläßlich
macht, ist daß tatsächlich zuerst das Interesse geweckt
wurde, und dann sekundär die Kleptomanie verschwand - wie prognostiziert.
3. Eine Patientin (in einer Kurklinik) hat seit
15 Jahren Nagelmykosen und kalte Hände und Füße. Eine Vielzahl
von Antimykotika wurden bereits vergeblich eingesetzt. Die Patientin macht
einen insgesamt steifen, hölzernen Eindruck, weswegen der behandelnde
Arzt den Eindruck hat, daß das Seelisch-Geistige der Patienten nicht
ausreichend in das Physisch-Leibliche hineinkommt (hölzerne Konstitution,
kalte Hände und Füße), und daß auf dieser Basis die
schlechte Durchblutung in Händen und Füßen bestehe, und
daß dies wiederum die Grundlage der Nagelmykosen sei. Der Arzt verordnet
Phosphor D6, damit das Seelisch-Geistige besser das Physisch-Leibliche
innerlich durchdringen kann; zusätzlich wird lokal Castellani (farblos)
aufgetragen. Bei der nächsten Kontrolle nach drei Tagen hat die Patientin
warme Hände, was in der Folgezeit anhält. Als die Patientin nach
sechs Wochen aus der Kurklinik entlassen wird, ist das untere Drittel der
Fingernägel sauber und mykosenfrei nachgewachsen, und zudem ihre "hölzerne"
Gesamtkonstitution etwas vermindert. - In diesem Falle wurden also die
Nagelmykosen als Symptom einer gesamtkonstitutionellen Situation erkannt,
so daß die Diagnose lautete: Nagelmykosen auf der Basis einer schlechten
peripheren Durchblutung, die wiederum auf der Basis der gesamtkonstitutionellen
Situation besteht, d.h. aufgrund des mangelnden Eindringens des Seelisch-Geistigen
in das Leiblich-Physische. Dementsprechend wurden nicht die Nagelmykosen
direkt behandelt, sondern via gesamtkonstitutioneller Situation.
In Hinblick auf diesen Gesamtzusammenhang hat dann er behandelnde Arzt
auch eine Sicherheit bei der Wirksamkeitsbeurteilung, denn es ergab sich
eben dreierlei zugleich: die Änderung der Gesamtkonstitution und (davon
abhängig) die Erwärmung und bessere Durchblutung der Hände
und Füße und (davon abhängig) das mykosenfreie Nachwachsen
der Nägel. Was also eine Sicherheit bei der Wirksamkeitsbeurteilung
gibt, ist die Realisation der in sich strukturierten, komplexen
therapeutischen Idee. Wären nur die Nagelmykosen als Zielparamter
der Therapie beobachtet worden, wäre zwar der Therapieerfolg nach
der vorangegangenen Leidensgeschichte immer noch erstaunlich, doch könnte
dann vielleicht auch das zusätzlich gegebene Castellani der eigentliche
Wirkfaktor gewesen sein, oder irgendein atmosphärischer Faktor der
Kurklinik. So aber ist die Besserung des im Vordergrund stehenden Symptoms
einbezogen in eine Besserung der Gesamtkonstitution des Patienten, und
ergibt sich hieraus. Und genau dieser Gesamtkomplex läßt sich
beobachten und beurteilen.
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Statistische
Korrelation und abbildende Korrespondenz
Es sei nochmal nachdrücklich gesagt, daß für das Kausalerkennen
aufgrund einer therapeuti-schen Idee oder einer abbildenden Korrespondenz
allgemein gilt: Je komplexer das Abgebildete, desto deutlicher hebt sich
der Abbildungszusammenhang gegenüber den sonstigen Strukturen des
jeweiligen Wahrnehmungsfeldes ab, und desto sicherer kann der betreffende
Kausalzusammen-hang als solcher erkannt werden. Es ist genau umgekehrt
wie bei der statistisch-experimentellen Methode. Während beim
statistischen Experiment die Ergebnisse desto verläßlicher sind,
je einfacher der Zusammenhang zwischen Einflußfaktoren und Zielparametern
ist (wenn möglich sollte nur ein einziger, jedenfalls sollten nur
sehr wenige Einflußfaktoren primär berücksichtigt werden),
steigt beim abbildenden Experiment die Erkenntnissicherheit mit der Komplexität
der Abbildung.
Interessant ist zu bemerken, daß die randomisierte Studie nichts
anderes als eine Sonderform des abbildungsorientierten Kausalerkennens
ist. Auch das randmisierte Experiment beruht letztlich auf dem Prinzip
des Abbildens. Dabei ist allerdings die abzubildende Struktur äußerst
einfach. Abgebildet werden soll lediglich ein einfacher nomineller Unterschied,
nämlich der bloße Unterschied gibt zwischen der Behandlung der
einen Objektgruppe (z.B. Prüfpatienten) und der anderen Objektgruppe
(z.B. Kontrollpatienten). Die Fragestellung dabei ist, ob sich -
als Abbild dieses nominellen Unterschieds - auch ein (statistisch signifikanter)
Unterschied zwischen den untersuchten Zielgrößen der
beiden Gruppen ergibt.
Die Schwierigkeit hierbei ist, daß nur ein bloßer Unterschied
abgebildet werden soll, und zwar wenn möglich nur ein einziger
Unterschied. Gerade hierdurch ergeben sich die großen Schwierigkeiten
bei der Interpretation eines solchen Experiments. Denn natürlich gibt
es im Umfeld der beiden Objektgruppen beliebig viele weitere Unterschiede
zwischen irgendwelchen Faktoren. Deshalb können, zumindest theoretisch,
alle diese Faktoren einen Unterschied der Zielparameter bewirken, und deshalb
kann, streng genommen, ein Unterschied der Zielparameter nur dann als kausales
Abbild des Unterschieds der Behandlungen interpretiert werden, wenn die
Kautelen einer kontrollierten Studie erfüllt sind: wenn also erstens
der Behandlungsunterschied vom jeweiligen Wissenschaftler oder Wissenschaftlerteam
unter selbstgewählten Bedingungen selbst veranlaßt wird, und
wenn zweitens der mögliche Einfluß aller sonstigen Faktoren
gleichgeschaltet ist. Für diese Gleichschaltung ist, sofern keine
Hindernisse bestehen, die Randomisation das Verfahren der Wahl.
Die randomisierte Studie ist also eine Sonderform der allgemeinen
Methodik der Wirksamkeitsbeurteilung. Der große Irrtum der heutigen
Methodenlehre klinischer Forschung ist, daß diese Sonderform zu der
allgemeinen und einzigen Form des gültigen und verläßlichen
therapeutischen Kausalerkennens erklärt wurde.
Subjekt-entledigte
versus subjekt-integrierende Wirksamkeitsbeurteilung
Erklärtes Ziel der herkömmlichen Methodologie der Wirksamkeitsbeurteilung
- der Durch-führung randomisierter Doppelblindstudien - ist es, vor
dem Urteil des einzelnen Wissenschaftler oder Arztes zu schützen:
"to guard against any use of judgment" [20]. Somit handelt es sich un eine
erklärtermaßen subjekt-entledigende Wirksamkeitsbeurteilung.
Bei den oben genannten Formen der Wirksamkeitsbeurteilung ist dies
anders; es sind stets subjekt-integrierende Wirksamkeitsbeurteilungen.
[7] Dies heißt nun aber nicht, daß solche Wirksamkeitsbeurteilung
nicht verläßlich sein könnten. Es ist damit nur gesagt,
daß die Verläß-lichkeit solcher Wirksamkeitsbeurteilung
weitgehend von der Urteilsqualifikation des einzelnen Arztes abhängig
ist, eine Qualifikation, die durch persönliche Erfahrung und Schulung
fort-gebildet werden kann. Während also in der herkömmlichen
Methodologie das individuelle Arzturteil möglichst ausgeschaltet werden
soll, muß es bei dieser anderen Methodologie bewußt eingeschaltet
und ausgebildet werden.
Damit bei dieser subjekt-integrierenden Wirksamkeitsbeurteilung nicht
Willkür, sondern ein sachliches Urteil zum Tragen kommt, wird es hilfreich
sein, die Urteilskriterien im einzelnen herauszuarbeiten und kommunikabel
zu machen. Zu diesem Ziel sollte der vorliegende Artikel ein kleiner anfänglicher
Beitrag sein. Darüber hinaus wird es nötig werden, den Bereich
der subjekt-integrierenden Wirksamkeitsbeurteilung in den kommenden Jahren
mit einem ähnlichen Maß an Professionalität auszustatten,
wie es die Methodologie der randomsierte Studien in den vergangenen 50
Jahren hervorgebracht hat. Was in diesem Sinne entwickelt werden muß,
ist eine neue Kultur der Wirksamkeitsbeurteilung.
Literatur
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Zimmermann S: Persönliche Mitteilung 1995
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Zimmermann S: Persönliche Mitteilung 1995
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