Elektrosmog Report
Nr. 5 / 3. Jahrgang Mai 1997
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Versicherungen
 

Englische Stromversorger richten Elektrosmog-Prozeßkasse ein

Weltweit befürchten Versicherungen, daß im Zusammenhang mit möglichen Elektrosmog-Gefahren eine Welle von Klagen auf die Energieversorgungsunternehmen zurollen wird. Diese Sorge wird durch aktuelle Entwicklungen in Großbritannien bestärkt.

In Großbritannien wird seit Jahren über die möglichen Gesundheitsrisiken debattiert, die von elektromagnetischen Feldern (EMF) ausgehen. Bisherige Versuche, mutmaßlich EMF-bedingte Gesundheitsschädigungen vor Gericht zu bringen, waren wenig erfolgreich. Dies vor allem wegen der immensen Kosten, die der Nachweis einer Schädigung durch Elektrosmog mit sich brächte. Die entsprechenden Mittel konnte bislang kein privater Kläger aufbringen. Weder eine Rechtsschutz- noch eine andere Versicherung waren bereit, das hohe Prozeßrisiko auf sich zu nehmen. Noch sind allerdings fünf Gerichtsverfahren in Vorbereitung. In einem Fall zeichnet sich nun ab, daß der Staat die Kosten für die Kläger übernehmen wird.

Dabei handelt es sich um den Fall der Eheleute Studholme, die erklären, daß ihr Sohn Simon im Alter von 13 Jahren an Leukämie gestorben sei, weil unmittelbar neben dem Haus, in dem die Familie wohnt, eine Umspannstation von Northern Electricity stehe. Für die Klage gelang es den Eheleuten sich der britischen Legal Aid zu versichern, die in etwa mit dem deutschen Armenrecht vergleichbar ist.

Die unerwartete Entscheidung der Behörden, in diesem Fall Armenrecht zu gewähren, hat umgehend acht große Stromversorger in Großbritannien dazu veranlaßt, eine gemeinsame Kasse von umgerechnet fast 20 Mio. DM für die Abwehr der Klage einzurichten.

Auf einer internationalen Versicherungskonferenz in London warnte Dieter Kohl, EMF-Experte der Frankona Rückversicherung, vor einer Welle von Prozessen: Obwohl weltweit umstritten sei, ob EMF gesundheitliche Risiken in sich berge, könne die öffentliche Diskussion den jeweiligen Klägern erfolgreich die Tür zum Gerichtsgebäude öffnen. "Auch Versicherungen müssen einen Mittelweg zwischen Panikmache und Vogel-Strauß-Strategie finden".

Speziell in den USA mit ihren strengen Haftungsgesetzen könnten Kosten und Folgen eines Elektrosmog-Prozesses immens hoch sein, warnte Kohl. Schon mehrfach seien in den USA Unternehmen nur knapp davongekommen. So in zwei Fällen, bei denen Arbeiter gegen Produzenten von Radarwaffen klagten. Noch sei unklar, ob der Einspruch des Berufungsgerichtes im Fall der krebskranken Nancy Jordan gegen zwei Stromversorger zu einem Präzedenzfall führe.

In Dänemark wurde vom Obersten Gerichtshof bereits ein Stromversorger zu Schadensersatz verurteilt. Die beiden Kläger konnten das Gericht davon überzeugen, daß eine 20 m nahe Hochspannungsleitung ihre Gesundheit beeinträchtigt habe.

Die Furcht vor ähnlichen Urteilen hat bereits einige deutsche Versicherungen dazu veranlaßt, die Haftung für Elektrosmog in ihren Verträgen auszuschließen (vgl. Elektrosmog-Report 2(12), S. 5, 1996).

Quelle: VDI nachrichten, 3.1.1997.


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Niederfrequenz
 

Hinweise auf Zusammenhang zwischen EMF und Alzheimer

Zwei epidemiologische Studien aus den USA und Schweden unterstützen frühere Vermutungen über einen Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern am Arbeitsplatz und der Entstehung der Alzheimer-Krankheit. Nach der amerikanischen Studie wiesen Personen, die an mittel- bis hoch-EMF-belasteten Arbeitsplätzen gearbeitet hatten, ein viermal so großes Risiko für die Entwicklung der Alzheimer-Krankheit auf als eine Kontrollgruppe. In der schwedischen Studie fand sich ein um den Faktor fünf erhöhtes Risiko. Als mögliche Erklärung wird eine vermehrte Produktion des Amyloid-Beta-Proteins durch EMF diskutiert.

Bereits in einer Veröffentlichung im September 1996 hatten Paul A. Schulte und Kollegen vom nationalen Institut für Arbeitsplatzsicherheit und -gesundheit in Cincinnatti/Ohio festgestellt, daß bestimmte Berufsgruppen mit einem höheren Risiko behaftet sind, an einer degenerativen Erkrankung des Nervensystems - die häufigsten sind Parkinson- und Alzheimer-Erkrankung - zu erkranken. In die umfangreiche Analyse gingen etwa 130.000 Personen ein. Berufsgruppen mit einer häufig hohen Belastung durch EMF (elektromagnetische Felder) wie Elektriker und Lokomotivführer waren überproportional häufig mit diesen Erkrankungen vertreten. Die Autoren wiesen auf einen möglichen Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern und neurodegenerativen Erkrankungen hin und regten weitere Untersuchungen zur Klärung dieser Frage an.

Die US-amerikanische Studie

Eugene Sobel und Mitarbeiter von der südkalifornischen Universität in Los Angeles präsentierten Analysen von insgesamt 326 Alzheimer-Patienten aus zwei großen medizinischen Spezialzentren, die mit einer Kontrollgruppe von 152 Patienten mit anderen Formen von Demenz aus diesen Zentren verglichen wurden. Die Patienten wurden nach einer vermuteten beruflichen niederfrequenten Magnetfeldbelastung an ihrem wichtigsten Arbeitsplatz in drei Gruppen eingeteilt:

Für die statistische Analyse wurden die Patienten mit einer mittleren und hohen Belastung zusammengefaßt.

Es zeigte sich, daß in der Alzheimer-Gruppe 17,4% der Männer und 10,0% der Frauen vermutlich einer mittleren oder hohen EMF-Belastung ausgesetzt waren, während es in der Kontrollgruppe nur 6,6% und 3,9% waren. Wurde das so berechnete erhöhte Risiko in einer multivariaten Analyse unter Berücksichtigung von Geschlecht, Bildungsstand und Alter beim Auftreten der Erkrankung den Unterschieden zwischen Alzheimer-Gruppe und Kontroll-Gruppe angepaßt, so berechnete sich ein erhöhtes Risiko von 3,93 (p < 0,01, KI: 1,45-10,56), also ein um etwa den Faktor 4 erhöhtes Risiko.

Die Autoren weisen einschränkend daraufhin, daß die Studienanlage es nicht erlaubte, genaue Expositionsmessungen vorzunehmen und damit Dosis-Wirkungsbeziehungen zu ermitteln. Dies sollte in Folgestudien versucht werden.

Sobel und Mitarbeiter hatten bereits 1995 Studienergebnisse veröffentlicht, nach denen eine erhöhte elektromagnetische Belastung mit einem um das Dreifache erhöhten Risiko für die Alzheimer-Krankheit verbunden ist. Dazu hatten sie Alzheimer-Patienten in vier verschiedenen Behandlungszentren untersucht (Universität von Helsinki, Koskela-Hospital in Finnland, Universität von Südkalifornien und Rancho Los Amigos in Los Angeles). Die Risiken in den vier Zentren lagen konsistent zwischen 2,9 und 3,9 bei Fallzahlen zwischen 52 und 316 Patienten.

Die aktuelle Studie bestätigt damit die früheren Ergebnisse.

Die schwedische Studie

Eine jüngere Studie von Maria Feychting vom Karolinska Institute in Stockholm mit vergleichbaren Ergebnissen wurde am 21. November 1996 auf einem Meeting in San Antonio präsentiert. Die Wissenschaftler verglichen 55 Patienten, die an der Alzheimer-Krankheit litten, mit einer Kontrollgruppe von kognitiv normalen Personen. Sie fanden, daß Personen, die bei ihrer letzten Beschäftigung einer EMF-Belastung von durchschnittlich mehr als 0,2 µT ausgesetzt waren, ein um den Faktor 2,5 erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Alzheimer-Erkrankung aufwiesen. Dieser Unterschied war wegen der kleinen Fallzahl nicht signifikant. Das Risiko war jedoch für Personen, die bei Diagnosestellung 75 Jahre alt oder jünger waren, statistisch signifikant um das Fünffache erhöht.

Im Gegensatz zu Sobel fanden Feychting und Kollegen bei Betrachtung des hauptsächlichen Arbeitsplatzes während des gesamten Berufslebens keine erhöhte Alzheimer-Rate, sondern nur bei Betrachtung des letzten Arbeitsplatzes. Dies stellt eine wesentliche Inkonsistenz zwischen den beiden Studien dar.

Erklärungsmodelle

Die Studien aus Schweden und den USA führen zur Frage: Wie kann EMF die Entstehung der Alzheimer-Krankheit begünstigen? Diese Frage ist bisher nicht beantwortet.

Sobel und Davanipour schlugen jetzt jedoch ein Erklärungsmodell vor. Sie berufen sich auf andere Arbeitsgruppen (z. B. Selkoe et al. 1989), die davon ausgehen, daß das Amyloid-Beta-Protein in Blutgefäßen des Gehirns und der Haut vermutlich eine Rolle bei der Entwicklung der Alzheimer-Krankheit spielen könne.

Die vorgeschlagenen Schritte, die von der EMF-Exposition schließlich zur Entwicklung der Alzheimer-Krankheit führt, sieht danach so aus:

  1. EMF-Exposition führt zu einer Störung des Kalzium-Stoffwechsels. Diese resultiert in einer Vermehrung freier Kalzium-Ionen in den Zellen.
  2. Zumindest einer der Wege, die zur Entstehung von löslichem Amyloid-Beta führen, ist eine erhöhte intrazelluläre Konzentration von freiem Kalzium.
  3. Amyloid-Beta wird von den Zellen schnell in den Blutstrom abgegeben. EMF kann daher zu einer vermehrten Sekretion von Amyloid-Beta in den Blutstrom mit einer Erhöhung der Amyloid-Beta-Konzentration im Blut beitragen.
  4. Bestimmte Eiweißstoffe (Apolipoproteine E und J) können an Amyloid-Beta binden und dazu beitragen, daß Amyloid-Beta die Blut-Hirn-Schranke überwindet.
  5. Mit der Zeit könnten ausreichend hohe Mengen an Amyloid-Beta im Gehirn zu Bildung von nervenschädigenden unlöslichen amyloiden Plaques bzw. Fibrillen und schließlich zur Alzheimer-Krankheit führen.
Zu jedem dieser fünf Einzelschritte gibt es experimentelle Hinweise von verschiedenen Studiengruppen, die in dem Beitrag von Sobel und Davanipour ausführlich vorgestellt werden. Bemerkenswert ist, daß danach eine erhöhte EMF-Belastung in der Peripherie, etwa auf der Haut oder an den Händen, ausreicht, um zu einer Begünstigung der Alzheimer-Entstehung beizutragen. Es gibt noch unbeantwortete Fragen und es handelt sich bisher nur ein Modell. Es ist allerdings insgesamt gut begründet. Sobel und Davanipour wollen demnächst untersuchen, ob eine erhöhte EMF-Belastung tatsächlich zu einer Erhöhung der Konzentration von löslichem Amyloid-Beta-Protein im Blutstrom führt.

Sie gehen davon aus, daß eine erhöhte EMF-Belastung den Zeitpunkt der Entstehung der Alzheimer-Krankheit um einige Jahre - sie sprechen von 5 Jahren - vorverschiebt. Dies wird auch durch die Beobachtung von Maria Feychting unterstützt, nach der ein besonders hohes Risiko in der jüngeren Altersklasse von Alzheimer-Patienten besteht. Bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit spielen offenbar viele Faktoren, wie z. B. eine genetische Disposition eine Rolle, vermutlich auch Umweltfaktoren. Elektromagnetische Felder könnten einer dieser Faktoren sein.
 
 
 
 Quellen:

  1. Stronger evidence for an Alzheimer's - EMF connection. Microwave News 12 (1), S. 1, 6-7 (1997).
  2. Sobel, E., et al.: Elevated risk of Alzheimer's disease among workers with likely electromagnetic field exposure. Neurology 47, 1477-1481 (1996)
  3. Sobel, E., Davanipour, Z.: Electromagnetic field exposure may cause increased production of amyloid beta and eventually lead to Alzheimer's disease. Neurology 47, 1594-1600 (1996)
  4. Selkoe, D. J.: Molecular pathology of amyloidogenetic proteins and the role of vascular amyloidosis in Alzheimer's disease. Neurobiol. Aging 102, 387-395, 1989.
Amyotrophische Lateralsklerose (ALS) und EMF

Davanipour und Sobel haben neben dem Zusammenhang zwischen der Alzheimer-Erkrankung und elektromagnetischen Feldern (siehe Beitrag zum Thema in diesem Heft) auch den Zusammenhang zwischen der Amyotrophischen Lateralsklerose (ALS) und EMF in einer kleinen Studie untersucht. Die ALS ist wie die Alzheimer-Krankheit eine degenerative Erkrankung des Nervensystems. Sie geht mit einem Untergang der Nervenzellen einher, die die Muskeln versorgen, mit Spastik, Muskelzittern und Verminderung der Muskelmasse. Die ALS führt im allgemeinen innerhalb weniger Jahre zum Tod. Die Ursache der seltenen Erkrankung ist unklar. Möglicherweise spielen genetische, infektiöse und toxische Einflüsse eine Rolle.

Die Forscher verglichen 28 ALS-Patienten mit 32 Kontrollpersonen und schätzten die berufsbedingte EMF-Belastung. Die Untersuchung zeige einen Trend zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko bei erhöhter und langzeitiger EMF-Belastung auf. Die Studie sei jedoch klein und müsse mit einer größeren Zahl von Teilnehmern wiederholt werden. Auch frühere Studien ließen bereits die Vermutung zu, daß ein Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern und der Amyotrophischen Lateralsklerose bestehen könne.

Quelle: Lou Gehrig's disease and EMF's. Microwave News 12 (1), S. 6 (1997).
 


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Forschung und Politik
 

EU-Forschungsprogramm zu Gesundheitsrisiken von Mobiltelefonen

Um endlich größere wissenschaftliche Klarheit über die gesundheitlichen Auswirkungen von Mobiltelefon-Strahlung zu gewinnen, sollen in den nächsten fünf Jahren 50 verschiedene Projekte mit einem Gesamtetat von 23,8 Mio. ECU durchgeführt werden - so die Empfehlung einer Expertengruppe der EU-Kommission.

In der EU gibt es über 25 Millionen Mobiltelefonbenutzer und "endgültige Antworten auf die Fragen nach möglichen gesundheitlichen Schäden sind in naher Zukunft nicht zu erwarten". Über gesundheitliche Effekte im Hochfrequenzbereich liegen erheblich weniger Daten vor als im Niederfrequenzbereich. Dies sind zwei Ergebnisse aus dem Bericht der Expertengruppe zu gesundheitlichen Gefahren von Mobiltelefonen.

Seit Ende 1995 arbeitet die zehnköpfige Expertengruppe an einem Aktionsplan, der Reichweite und Prioritäten eines entsprechenden Forschungsprogramms definieren sowie organisatorische Fragen und die Finanzierung behandeln soll. Der Aktionsplan wurde nun im September 1996 fertiggestellt und Anfang 1997 der Öffentlichkeit vorgestellt.

Mitglieder der Expertengruppe

Die Mitglieder des Expertengremiums sind bekannte europäische Wissenschaftlicher mit durchaus deutlich abweichenden Einschätzungen des Mobiltelefonrisikos:

Jørgen Bach Andersen (Universität von Aalborg, Dänemark), Jürgen Bernhardt (Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), Deutschland, ICNIRP), Martino Grandolfo (Nationales Gesundheitsinstitut in Rom, Italien, ICNIRP), Alastair McKinlay (National Radiological Protection Board, England, ICNIRP), Kjell Hansson Mild (Nationales Institut für das Arbeitsleben in Umeå, Schweden), Konstantin Hossmann (Max Planck Institut für Neurologische Forschung in Köln, Deutschland), Anthony Swerdlow (London School of Hygiene and Tropical Medicine, England), Flora van Leeuwen (Niederländisches Krebsinstitut in Amsterdam, Niederlande), Luc Verschaeve (Flämisches Technologisches Forschungsinstitut in Brüssel, Belgien) und Bernard Veyret (Universität von Bordeaux, Frankreich).

Forschungsmittel

Der Aktionsplan sieht 7,5 Mio. ECU für epidemiologische Forschung vor, 7,47 Mio. ECU für Tierversuche, 5,27 Mio. ECU für Zellexperimente, 1,44 Mio. ECU für Versuche an menschlichen Freiwilligen, 1,44 Mio. ECU für Studien zur biophysikalischen Wechselwirkung und schließlich 690.000 ECU für das Gesamtprojektmanagement. Um die insgesamt anvisierten 50 Forschungsprojekte können sich Wissenschaftler aus der ganzen Welt bewerben. Mild aus Schweden betont: "Es geht nicht um eine europäische Forschungsförderung, sondern um die Beantwortung der anstehenden Fragen". Die meisten Studien sollen einen Zeitrahmen zwischen einem und drei Jahren aufweisen. Für viele Tierversuche werden vier Jahre angesetzt. Epidemiologische Studien können auch über die fünf Jahre hinausgehen.

Die notwendigen Forschungsmittel in Höhe von 23,8 Mio. ECU sollen vor allem von der Industrie und Industrieverbänden aufgebracht werden. Die Telekommunikationsindustrie hat bereits ihre grundsätzliche Unterstützung erklärt. Die EU-Kommission legt allerdings großen Wert darauf, daß die Industrie keinen Einfluß auf die Auswahl der Forschungsprojekte, Ergebnisse der Studien und Publikation der Ergebnisse haben darf. Um diese Unabhängigkeit von der Industriefinanzierung sicherzustellen, sollen zusätzlich auch bedeutende Summen an staatlichen Mitteln aufgebracht werden.

Die in den Projekten gewonnenen Erkenntnisse sollen der Öffentlichkeit in Form von jährlichen Konferenzen, Berichten, Publikationen ("Newsletter") und Internet-Seiten zugänglich gemacht werden. Um einen hohen Qualitätsstandard zu sichern, sollen allerdings vorzeitige Publikationen von z. B. Zwischenergebnissen verhindert werden.

Nicht öffentlich gemacht werden sollen die Anteile von Unternehmen und Verbänden an den aufgebrachten Sponsormitteln.

Inhaltliche Schwerpunkte

Ein bedeutender Schwerpunkt liegt bei epidemiologischen Studien, die insgesamt über 30% der Forschungsmittel erhalten sollen. Begründet wird dies damit, daß nur mit Hilfe epidemiologischer Studien unmittelbar untersucht werden kann, ob Schäden an Menschen auftreten. Demgegenüber ist die Übertragung von Zell- und Tierversuchen auf den Menschen problematisch.

Die Benutzung von Mobiltelefonen ist nach Ansicht der Expertengruppe ideal für epidemiologische Untersuchungen geeignet, da zum einen die Anzahl der Benutzer sehr groß ist und zum anderen die Expositionszeit aus den Telefonrechnungen abgeleitet werden kann.

Freilich können die Ergebnisse epidemiologischer Studien aufgrund der langen Latenzzeiten verschiedener Tumoren (15 bis 40 Jahre) nur eine "erste Warnung" für Gesundheitseffekte sein. Untersucht werden sollen auf jeden Fall das Akustikus Neurinom (ein Tumor am achten Hirnnerven), Tumoren der Speicheldrüsen und Leukämie im Erwachsenenalter.

Im Mittelpunkt sollen Untersuchungen über die Auswirkungen des eigentlichen Mobiltelefonierens stehen. Nicht untersucht werden sollen dagegen die möglichen gesundheitlichen Folgen für Anwohner von Basisstationen. Im Bericht heißt es: "Es bestehen weder dosimetrische, noch biologische oder epidemiologische Rechtfertigungen für solche Studien". Beim Mobiltelefonieren treten erheblich höhere Belastungen auf als für die Anwohner von Basisstationen.

Bei den krebsbezogenen biologischen Studien steht die Untersuchung der möglichen Rolle von HF-Strahlung als Promotor bzw. Co-Promotor und der mögliche Einfluß auf das Immunssystem im Vordergrund.

Bei der Erforschung möglicher Effekte auf das Nervensystem sollen nicht nur Fragen nach Kopfschmerzen, der Innenohrfunktion und Einflüsse auf das Verhalten untersucht werden, sondern auch der potentielle Einfluß auf die Melatoninausschüttung der Zirbeldrüse mit möglichen Implikationen für die Schlafmuster und die Krebsentstehung.

Die beschriebenen Effekte sollen insbesondere unter Exposition mit gepulster Strahlung, wie sie beim Betrieb üblicher Mobiltelefone auftritt, untersucht werden. Nach Mild wird man sich auf athermische Effekte der Mobiltelefonstrahlung konzentrieren.

In dem EU-Forschungsprogramm sind dagegen Fragen nach Wirkungsmechanismen ebenso wie Laborstudien an Freiwilligen zur Untersuchung von Kopfschmerzen, Schlafmustern und Immunantwort zweitrangig.

Die Ausrichtung des Programms zeigt, daß es vor allem darum geht, das mögliche Auftreten gesundheitlicher Effekte wie Krebs und psychovegetativer Erkrankungen epidemiologisch zu überprüfen sowie seit Jahren diskutierte Zusammenhänge (Melatoninhypothese, Immunsystembeeinflussung und Krebspromotion) zu erhärten oder zu widerlegen.

Damit zeigt das Programm Mut, die wirklich brennenden Fragen unmittelbar anzugehen. Bleibt zu hoffen, daß dieser richtungsweisende Ansatz nicht zwischen die Räder starker Lobbygruppen gerät und eine weitere Chance vertan wird, Licht ins Dunkle der Mobiltelefongefahren zu bringen.

Mehr Erfolg als entsprechende US-Programme?

Die US-amerikanische Elektrosmog-Fachzeitschrift "Microwave News" wünscht dem europäischen Forschungsprogramm mehr Erfolg als dem dortigen WTR(Wireless Technology Research)-Forschungsprogramm, das 1993 von der Cellular Telecommunications Industry Association (CTIA) (Verband der Mobiltelefonindustrie) ins Leben gerufen wurde und bis heute nur wenige Ergebnisse vorweisen kann. "Die EU sollte nicht das CTIA-WTR-Fiasko wiederholen, was nach vier Jahren und 15 Mio. US-Dollar außer vielen Flugmeilen wenig vorzuzeigen hat" und praktisch zum Stillstand gekommen ist. Als Grund sieht die Fachzeitschrift die enge Abhängigkeit des Programms von der die Forschungsmittel bereitstellenden Industrie.

Auch die Forschungspolitik der Forschungsgemeinschaft Funk (FGF), in der sich ebenfalls vor allem Telekommunikationsunternehmen zusammengetan haben, konnte bisher nicht befriedigen, blieben doch naheliegende Fragen der Bevölkerung nach eventuellen Gefahren durch die Benutzung von Mobiltelefonen unbeantwortet. Gefördert wurden vor allem Untersuchungen zu speziellen Detailproblemstellungen, deren Ergebnisse zum Teil wenig Aussagekraft besitzen. Dringende epidemiologische Fragestellungen wurden dagegen vollkommen vernachlässigt.

Quellen:

  1. EU expert group´s report: Possible Health Effects Related to the Use of Radiotelephones (1997). Der Bericht kann bei Frau Anja Jansen (Europäische Kommission) unter der Faxnummer 0032-2-296-8395 angefordert werden.
  2. EC Gets Wide-Ranging Proposal for Wireless Research; Industry asked To Fund Independent $20 Million Effort. Microwave News 12(2), S. 10-12 (1997).
  3. Dropping the "H" in WHO. The EC Must Not Delegate Wireless Health Research to WHO. Microwave News 12(2), 19 (1997).
 
Veranstaltungshinweise

14. und 15. Mai 1997, Langebrück bei Dresden, 9:00-17:00

Lehrgang Elektrosmog - Elektromagnetische Verträglichkeit Umwelt

Zielgruppe: Verwaltungsfachleute, Umweltschutzbeauftragte, Hersteller von Elektrogeräten, Betreiber von Sendeanlagen und Mediziner.

Referenten: Dr.-Ing. G. Bahmeier (Ingenieurbüro für Feldmeßtechnik, Untermeitingen), Prof. G. Käs (Universität der Bundeswehr München, Neubiberg) und Rechtsanwalt M. Krist (Kanzlei Martini & Mogg, Koblenz).

Teilnahmegebühr: 980 DM

Veranstalter: Technische Akademie Esslingen, Weiterbildungszentrum Dresden, Postfach 5, 01463 Langebrück, Fon (035201) 734-0, Fax (035201) 70206.

23. Mai 1997, World Trade Center Bremen, 15:00

Elektrosmog, Vortrags- und Diskussionsveranstaltung

Referenten: Dr. H.-Peter Neitzke, Hannover: "Gesundheitsrisiken durch elektrische und magnetische Felder - Was ist erwiesen, was ist zu befürchten" und Dr. Ing. Georg Bahmeier, Untermeitingen: "Hochfrequente Strahlung - Entstehung und Schutz".

Teilnahmegebühr: 20 DM

Veranstalter: Verband für angewandte biologische Elektrotechnik e.V., Anmeldung: Fon (04293) 7237.

Adressenänderung:

Neue Neue Adresse des Arbeitskreises für Elektrosensible e. V.: Postfach 250107, 44801 Bochum, Tel./Fax: 0234/47 35 85.


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